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Blick auf die Drake Bay auf der Osa-Halbinsel. Hier ging der namensgebende englische Freibeuter Sir Francis Drake einst vor Anker

Blick auf die Drake Bay auf der Osa-Halbinsel. Hier ging der namensgebende englische Freibeuter Sir Francis Drake einst vor Anker

ÖKOTOURISMUS IN COSTA RICA Ein schönes Land schützt seine Natur

Ökotourismus ist seit Jahrzehnten das Aushängeschild Costa Ricas, kein anderes Land in Mittelamerika setzt sich stärker für den Schutz von Natur und Tierwelt ein. Ein klares Kalkül der Tourismusstrategen – doch im Kleinen funktioniert das auch von ganz allein.

Archie Carr konnte nicht glauben, was er sah, als er das erste Mal an den schwarzen Sandstrand von Tortuguero kam. Der US-amerikanische Biologe wollte das Verhalten der Grünen Meeresschildkröte erforschen, leider musste er bei seiner Ankunft an der costaricanischen Karibikküste feststellen, dass hier die meisten der niedlichen Panzertiere getötet wurden – von Menschen, die das Fleisch der Schildkröten aßen und ihre Eier verkauften.

Das war Mitte der 1950er Jahre, seitdem ist glücklicherweise viel passiert. Carr schulte die Einheimischen und half mit, das saftiggrüne Kanalsystem rund um Tortuguero zum Nationalpark zu machen. Kaimane und Kapuzineräffchen, Tukane, Jaguare und unzählige Vogelarten wie die bedrohten Bechsteinaras leben hier in den Mangroven – und am Strand können sich auch endlich wieder in Ruhe die Schildkröten tummeln. Die Jäger von einst sind heute Ranger, die zum Schutz der Tiere am Strand auf und ab patrouillieren. Einer von ihnen ist Sebastian. »Zur Zeit kommen jährlich rund 4.000 Schildkröten hierher, um ihre Eier im Sand zu vergraben. « Ein paar wenige Wilderer gebe es zwar noch, gibt der Ranger zu: »Wir können leider nicht überall sein, der Strand ist 30 Kilometer lang.« Doch auf Schildkrötenjagd stehe inzwischen Gefängnisstrafe, das Problem von einst sei weitgehend im Griff.

In den letzten Jahrzehnten gab es viele solcher Erfolge in Costa Ricas Kampf um die Natur. Kein anderes Land in Mittelamerika kümmert sich so stark um die Themen Umweltschutz und Ökotourismus, schließlich sind dies Costa Ricas Aushängeschilder. Bodenschätze gibt es in dem Land, das nicht viel größer ist als Niedersachsen, so gut wie keine, deshalb müssen andere Wirtschaftszweige Geld bringen. In den letzten vier Jahren sind die Tourismuszahlen um 50 Prozent auf über 2,5 Millionen gestiegen. Das ist enorm und dürfte unter anderem ein Verdienst der Bemühungen sein, das Land wieder stärker zu bewalden. Ende der 1980er Jahre waren nur noch gut 20 Prozent mit tropischem Regenwald bedeckt, inzwischen sind es wieder über 50 Prozent – bis 2030 sollen es 60 Prozent werden. Dafür nimmt Costa Rica bares Geld in die Hand: Bauern und Viehzüchter bekommen Prämien, wenn sie ihren Baumbestand erhalten oder sogar erweitern. Denn das Begrünen des Landes sorgt nicht nur für einen besseren ökologischen Fußabdruck, sondern auch für eine Regeneration zahlreicher Tierarten.

Landkarte Costa Rica

Lücken im (Öko-)System

Vieles scheint Hand und Fuß zu haben, was die Tourismusstrategen anpacken. Sie wissen um den natürlichen Wert ihres Landes. »Wir sind stolz und verantwortungsbewusst genug, um unsere biologische Vielfalt für unsere Kinder und Besucher zu erhalten«, verkündete der frühere Tourismusminister Carlos Ricardo Benavides mal in einem offiziellen Statement. Doch natürlich gibt es bei solch hohen Ansprüchen immer auch Baustellen im System. Wer seine Natur schützen will, Besuchern aber gleichzeitig so viel wie möglich von ihr zeigen möchte, bewegt sich auf einem schmalen Grat. Die Artenvielfalt in Costa Ricas Nationalparks könnte kaum größer sein, der Touristenansturm jedoch ebenso wenig. Bei unserem Besuch von Tortuguero stauen sich etwa 200 Menschen in La Pavona, einem der Eingangstore in den Park. Alle warten auf ihren Transfer, der ausschließlich per Boot möglich ist. Neben den Passagierfähren fahren weitere motorisierte Kähne, die das Gepäck transportieren. Immerhin: Innerhalb der Parkgrenzen sind aus Naturschutzgründen maximal 18-Mann-Boote erlaubt. Dennoch erscheinen die knatternden Motoren bei den morgendlichen Ausflugsfahrten zu viel und zu laut, um wirklich öko zu sein. Auch der attraktive Nationalpark Manuel Antonio mit seinen herrlichen Stränden am Pazifik wird geradezu von Touristen überrannt.

Einer der unberührtesten Nationalparks findet sich auf der Osa-Halbinsel an der südlichen Pazifikküste. Er ist über die legendäre Panamericana zu erreichen, jenen berüchtigten High way, der – bis auf ein kleines Teilstück zwischen Panama und Kolumbien – Alaska mit Feuerland verbindet. Der 1975 gegründete Corcovado-Nationalpark blieb aufgrund seiner Abgeschiedenheit lange Zeit von den Holzfällertrupps verschont. Das Kronendach des Regenwaldes ist deshalb höher als anderswo in Costa Rica, Hunderte von Baumarten wachsen hier in schwindelerregende Höhen; der bis zu drei Meter dicke Baumwollbaum wird sogar über 70 Meter hoch. Jaguare, Tapire, Pumas, Ozelote und Ameisenbären streifen durch den Dschungel, alle in Costa Rica heimischen Affenarten hangeln sich kreischend durchs Dickicht, begleitet vom Konzert der über 400 Vogelarten. Dazu kommen 116 Reptilien und Amphibien, auch der seltene Pfeilgiftfrosch. Ein guter Ausgangspunkt für Park-Exkursionen ist das ehemalige Goldgräberstädtchen Puerto Jiménez, dass sich heute mit seinen Stränden, Lodges und Restaurants ganz dem Tourismus verschrieben hat.

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Urlaub – oder doch gleich auswandern?

Naturnah zeigen sich auch die Lodges. »Über einen Mangel an Tieren kann ich mich nicht beschweren«, scherzt die Österreicherin Yvonne Stadler beim Spaziergang durch ihre »Alby Lodge « im beschaulichen Küstenort Cahuita. Über uns machen ein paar Brüllaffen ihrem Namen alle Ehre, ein Faultier im Baum lässt sich davon nicht stören. Kolibris fliegen kreuz und quer, im Gartenteich wohnen ein Kaiman und eine Schildkröte friedlich zusammen. Auch Leguane und Schlangen kämen regelmäßig vorbei, flüstert sie mit vorgehaltener Hand.

Vor 24 Jahren ist Yvonne aus Österreich an Costa Ricas Karibikküste ausgewandert und konnte sich dank einer Erbschaft den Traum einer eigenen Lodge in Cahuita erfüllen. In ihrer zwei Hektar großen, tropisch grünen Anlage wachsen – man möchte fast sagen: wuchern – Bromelien und Gardenien, Engelstrompeten und sogar Mandarinen, Ananas und Chili zwischen den Bungalowhäuschen. Nicht nur optisch ein Traum, findet Yvonne und erinnert sich an ihre Anfangszeit: »Der Weg bis hierhin war gar nicht sonderlich kompliziert. Ein Anwalt half mir damals, die Behördengänge zu erledigen. Mein Spanisch war zu der Zeit nämlich nur so lala.« Sie lacht. Das Schwierigste sei gewesen, eine Residencia zu bekommen, die Aufenthaltsgenehmigung. Die ersten fünf Jahre hatte Yvonne denselben Status wie jeder andere Besucher: Sie durfte drei Monate bleiben, musste dann kurz nach Panama ausreisen und durfte anschließend erneut für drei Monate ins Land. Irgendwann erhielt sie – dank stabiler Einkommensnachweise – eine längere Aufenthaltserlaubnis, die sie jetzt nur noch alle paar Jahre erneuern muss. Auf die Frage, ob sie eines Tages eine Rückkehr nach Europa plane, sagt Yvonne Stadler: »Warum sollte ich? Das Wetter hier ist gut und das Leben ist langsam. Es könnte mir doch gar nicht besser gehen.«

Man kann es ihr nicht verdenken. Costa Ricas Wirtschaft ist weitgehend sicher, die politische Lage stabil, das Militär wurde vor 65 Jahren abgeschafft, die medizinische Versorgung ist für Mittelamerika überdurchschnittlich gut. Zudem gehören die Ticos, wie sich die Costaricaner nennen, laut dem jährlichen World Happiness Report zu den glücklichsten Menschen der Welt. Klingt also alles nach einer entspannten Angelegenheit – und doch ist das Land in einem Punkt unberechenbar.

Lavaströme und Aschewolken

Was die vulkanische Aktivität angeht, ist Costa Rica immer in Bewegung. So sicher es in vielen Belangen scheint – hier wird es plötzlich faszinierend instabil. Insgesamt sollen es über hundert Vulkane sein, die zehn bedeutendsten ziehen sich aneinandergereiht als Gebirgskette Cordillera de Talamanca einmal quer durchs Land.

Einer von ihnen ist der einst daueraktive Vulkan Arenal. 30 Jahre lang machte er Touristen mit täglichen Eruptionen und glutroten Lavaströmen glücklich, an seinem Fuße existiert mit den heißen Quellen von Tabacón sogar das bekannteste Thermalbad Costa Ricas. Allerdings ist der Arenal seit 2010 ruhig, kein Funken sprüht mehr aus seinem Schlund. Die sicher geglaubte Attraktion ist einfach so erloschen, eine Fortsetzung bisher ungewiss. Dafür aber hat sich vor zehn Jahren der zweithöchste Vulkan Turrialba das erste Mal seit dem 19. Jh. wieder zurückgemeldet. Allein in den letzten beiden Jahren ist er schon mehrere Male ausgebrochen – mit bis zu drei Kilometer hohen Aschewolken, die sogar zeitweise den Flugverkehr lahmgelegt haben. Enttäuschend wiederum zeigt sich in den letzten Jahren der höchste Vulkan des Landes. Gelockt von faszinierenden Bildern des 3.432 Meter hohen Irazú, die einen giftgrünen Kratersee zeigen, kommen jedes Jahr Tausende Besucher hierher, fahren die kurvenreiche Strecke durch eine teils dicke Wolkendecke mit Sichtweiten von wenigen Metern, zahlen US$ 15 Eintritt – und suchen den Kratersee am Ende doch vergeblich. Er ist vor etwa zwei Jahren in Ge steinsritzen versickert. Der offizielle Prospekt, den man am Eingang bekommt, wurde allerdings nie aktualisiert. Auf ihm prangt noch immer das knallige Giftgrün des Sees, natürlich um Besucher zu locken. Spätestens hier merkt man, dass der (Öko-)Tourismus in Costa Rica – bei aller Liebe zum Detail – letztlich eben doch ein Geschäft ist.

Umso erfrischender ist es zu sehen, dass es auch noch eine andere Seite gibt: Orte wie Yvonne Stadlers grüne Lodge in Cahuita oder das kleine Dorf Manzanillo etwa, das sich im äußersten Südosten an die Grenze zu Panama schmiegt. Hier gibt es keine Regierungspläne, hier müssen keine Zahlen von Tourismusstrategien erfüllt werden. Nur eine Handvoll Touristen verirrt sich nach Manzanillo. Ein paar Volleyballnetze sind gespannt, auf den Picknickbänken im Schatten der Palmen sitzen Rastafaris, hören Reggae und rauchen ihre Selbstgedrehten. Ansonsten ist hier alles Natur, ein kilometerlanger, sichelförmiger Strand, an den ruhig und gelassen die Karibikwellen heranrauschen. Mehr öko geht gar nicht, sozusagen.

Auswandern nach Costa Rica – so geht’s

Gründe für eine Auswanderung nach Costa Rica gibt es viele. Die offensicht - lichen sind das Klima und die Stabilität im Land. Die Lebenshaltungskosten wiederum gehören zwar zu den höchsten in Lateinamerika, jedoch sind Posten wie Miete und Krankenversicherung noch immer deutlich erschwinglicher als in Deutschland. Auch steuerlich bietet Costa Rica Vorteile. Um in der neuen Heimat auf keine Annehmlichkeiten verzichten zu müssen, sollten Sie mit monatlichen US$ 1.200 planen.

Bleibt die Frage: Wer wird ins Land gelassen? Es gibt zwei Arten von Aufenthaltsgenehmigungen. Die dauerhafte (Residencia permanente) erhält grundsätzlich nur jemand mit Wurzeln oder Blutsverwandtschaft im Land. Ausländer bewerben sich daher zunächst bei der Einwanderungsbehörde (Dirección de migración) für eine temporäre Aufenthaltsgenehmigung (Residencia temporal), die eine selbstständige, aber keine Angestelltentätigkeit erlaubt. Um die zu bekommen, muss man über die nächsten fünf Jahre monatliche Geldeingänge aus dem Ausland von mindestens US$ 2.500 oder ein Vermögen von mindestens US$ 60.000 nachweisen. Rentnern genügt eine nachgewiesene Rente von mindestens US$ 1.000 im Monat. Nach drei Jahren im Land darf man dann die Daueraufenthaltsgenehmigung (Residencia permanente) beantragen, die schließlich auch eine Angestelltentätigkeit erlaubt.

Autor: Christoph Karrasch (4/2016)

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