Sri Lanka Reisen Sri Lanka - Die Renaissance des Ostens
Bei der dreihundertsten Stufe höre ich auf zu zählen. 5.200 Stufen sollen es insgesamt sein: ausgetretene, von unzähligen Monsunregen ausgewaschene und zum Teil verdammt hohe Stufen. Kein Zuckerschlecken um 2 Uhr nachts. Immerhin – eine Leuchtschlange aus Neonröhren windet sich zum Gipfel des Adam’s Peak und weist den Weg auf Sri Lankas heiligen Berg. Gebrechliche alte Menschen hangeln sich barfuß, Mantras murmelnd, mühsam von Stufe zu Stufe, gestützt auf Kinder und Enkelkinder. Väter tragen Kleinkinder auf den Schultern, Mütter stillen unterwegs ihre Babys. Eine Studentenclique aus Columbo in Tommy-Hilfinger- Sportswear, die ich in einer der Teestuben unterwegs treffe, motiviert sich mit Hip Hop im Ohr.
Dann endlich – nach vier schweißtreibenden Stunden – empfangen Öllämpchen, Gebetsfahnen und trommelnde Priester die Pilgerschar auf dem Gipfel. Hier gilt es, einen überdimensionalen Fußabdruck zu bestaunen, den Buddha persönlich hinterließ. Das glauben zumindest die Buddhisten. Die Hindus schreiben ihn Shiva zu, Christen und Muslime Adam. Für Anhänger aller Religionen gilt: Der Aufstieg bringt jede Menge Pluspunkte fürs Jenseits bzw. fürs nächste Leben. Allein das wäre Grund genug diesen Austieg bei einer Reise nach Sri Lanka nicht zu versäumen.
Eisig pfeift der Wind in rund 2.250 m Höhe. Die Gläubigen hüllen sich in Decken und ziehen ihre Pudelmützen tief ins Gesicht, während alle auf das zweite Event des noch jungen Tages warten: Pünktlich gegen 6 Uhr kriecht die Sonne hinter dem Horizont hervor und wirft einen Schatten der Bergspitze auf die Wolkendecke – ein magisches Dreieck. »Sadhu, sadhu« (heilig, heilig), rufen die Pilger in den Sonnenaufgang, während die Studenten ihre Handykameras zücken.