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Eine der Kreationen im Drei-Sterne-Restaurant St. Hubertus in St. Kassian: Kalbsbries und Lärchenzapfen.

Eine der Kreationen im Drei-Sterne-Restaurant St. Hubertus in St. Kassian: Kalbsbries und Lärchenzapfen. Foto: Marco Sartor/Rosa Alpina – St. Hubertus/dpa-tmn

Regionale Alpin-Küche Südtirol: Frischer Wind im Genießerparadies

Goldgelbe Weinstöcke, tiefgrüne Almen, schneebedeckte Gipfel. In Südtirol zieht der Herbst ein, in seine Weinkeller und Küchen dagegen der Frühling: Rund um Meran und Bozen gibt es Generationswechsel.

«Hört auf die jungen Leute.» Das sagt ausgerechnet der, auf den bislang alle hier gehört haben: Norbert Niederkofler. Er ist der einzige Dreisternekoch Südtirols.

Sein Restaurant St. Hubertus im Hotel Rosa Alpina in St. Kassian, gelegen am Dolomiten-Skigebiet von Alta Badia, gilt als Kaderschmiede für Kochtalente und als Pilgerstätte für Gourmets.

Der passionierte Skifahrer mit dem grauen Vollbart ist Anfang 60 und ans Aufhören denkt er nicht. An die Zukunft dagegen sehr wohl: an die des Planeten, die seiner Heimat und die der Genussregion Südtirol. Um Letztere macht sich der Starkoch die geringsten Sorgen. Weil die Alten viel erreicht haben und er den Jungen noch mehr zutraut.

In Weinkellern, in Küchen und auf Bauernhöfen vollzieht sich südlich des Brenners ein Generationswechsel - und ein Sinneswandel. Immer mehr Betriebe arbeiten nachhaltig und biologisch.

Die neue Generation muss es richten

Norbert Niederkofler freut sich darüber und gibt sich mit Blick auf Umweltverschmutzung und Klimakrise selbstkritisch. «Meine Generation hat das verbockt, jetzt müssen es die jungen Leute richten», sagt er.

Zu diesen jungen Leuten zählen Talente wie Kevin Trafoier, der die Küche im Sternerestaurant Kuppelrain in Kastelbell von seinem Vater Jörg übernommen hat. Auch Christoph Huber gehört zur jungen Garde. In seinem 2019 eröffneten Restaurant Zur Blauen Traube im Meraner Vorort Algund kocht er kreativ und radikal lokal. Wie viele andere hat Huber bei Niederkofler gelernt und dessen konsequente Konzentration auf Zutaten aus der Region verinnerlicht.

Der Vorreiter der regionalen Alpin-Küche

Man kann schon sagen: Niederkofler ist ein Vordenker unter den Spitzenköchen der Alpen. Nach seiner Ausbildung bei Starköchen wie Eckart Witzigmann, Jörg Müller und Alfons Schuhbeck war er in St. Kassian zunächst mit klassischer Haute Cuisine erfolgreich, bis er alles auf den Kopf stellte und seine Karriere aufs Spiel setzte.

Niederkofler wollte nicht mehr Luxusprodukte aus der ganzen Welt einfliegen lassen, um seinen Gästen dann vorzusetzen, was sie überall bekamen. So wurde Niederkofler zum Vorreiter der saisonalen und regionalen Alpin-Küche.

Alle Zutaten bei Niederkofler kommen von rund 50 Höfen aus der Region. Er benutzt nicht mal Olivenöl. Die Kritiker waren anfangs skeptisch. «Ein Insider hat mich gewarnt, dass ich so den zweiten Stern, den ich damals hatte, verlieren würde», sagt Niederkofler. «Aber Südtiroler können ja Sturköpfe sein.» 2017 zeichnete ihn der Guide Michelin schließlich mit drei Sternen aus.

Die vielen Top-Restaurants rund um Meran und Bozen mit Niederkoflers St. Hubertus an der Spitze haben entscheidenden Anteil daran, dass Südtirol zur Genussregion aufstieg. Darauf könnte sich Niederkofler etwas einbilden. Stattdessen aber lobt er junge Küchentalente und «Winzer wie Alois Lageder, die alles angestoßen haben».

Ein Winzer, der nach vorne denkt

Der Pionier des Südtiroler Weins residiert in Margreid an der Weinstraße im Südtiroler Unterland. Es ist der südlichste Ort der Region, in dem noch überwiegend Deutsch gesprochen wird. Am Fuße steiler Felswände herrscht fast schon mediterrane Atmosphäre.

Neben Weinreben und Obstbäumen prägen Palmen die Landschaft, die Oleander und Bougainvilleen scheinen noch prächtiger zu blühen als in den Gärten der imposanten Villen in Meran und Bozen. Nicht selten ist der Talkessel auf halben Weg zwischen Bozen und Trient im Sommer die heißeste Region Italiens - der Klimawandel, er zeigt sich auch hier. Darauf hat der Winzer aber längst reagiert und hitzebeständigere Rebsorten wie Cabernet Sauvignon angepflanzt.

Lageder ist keiner, der aus Prinzip an alten Traditionen festhält, obwohl seine Familie seit 1823 Wein produziert. Lageder ist im Weinbau genauso progressiv wie Niederkofler in der Küche.

Ehe Lageder vor rund 40 Jahren auf weiße Qualitätsweine setzte, wurden in Südtirol vor allem rote Zechweine produziert - wie der Vernatsch, der traditionell im Pergel-System angebaut wird. Dabei werden die Reben an Drahtbögen entlanggeführt, so dass sie zu einem dichten Blätterdach in der Mitte zusammenwachsen. Auf diese Weise entstehen schattige Wege zwischen den Rebstöcken.

Rund um den Kalterer See gibt es noch heute Pergel-Parzellen. Radfahrer und Wanderer durchstreifen sie auf kilometerlangen Routen rund um den wärmsten Badesee der Alpen.

Frisches Blut auf den Weingütern

Südtirol ist seit Jahrzehnten ein Ziel für Skifahrer, Alpinisten, Wanderer, Radfahrer und Golfer. Dass es auch zu einer Pilgerstätte für Weinkenner wurde, verdankt es nicht zuletzt Lageder. Inzwischen hat der Winzer das Zepter an die nächste Generation übergeben. Sohn Alois Clemens führt das Weingut, Tochter Helena kümmert sich um Marketing und Vertrieb.

Wenige Kilometer nördlich von Margreid hat auch die Grande Dame des Südtiroler Weinbaus, Elena Walch, einen Generationswechsel vollzogen. In Tramin haben ihre Töchter Julia und Karoline das Gut übernommen.

Für Kenner sind Lagenweine von Elena Walch, wie «Castel Ringberg» oder «Kastelaz», wahre Meisterwerke. Wie viele andere Weinproduzenten Südtirols haben die Walchs unter den Weißweinen Gewürztraminer, Pinot Grigio, Chardonnay, Sauvignon Blanc und Riesling im Angebot und bei den Roten Lagrein, Merlot und Cabernet Sauvignon.

Wie sich Südtirol zum Top-Weinbaugebiet gemausert hat, lernt man im Weinmuseum in Kaltern oder - genussvoller - bei einem Besuch in einem der mehr als 200 kleinen Weingüter der Region oder in einer der Genossenschaften.

Der Wein gab den Restaurants Auftrieb

«Je besser die Südtiroler Weine wurden, umso mehr anspruchsvolle Genießer kamen in die Region und umso besser wurden auch die Restaurants», sagt Norbert Niederkofler. Dabei denkt der Starkoch nicht nur an die Top-Adressen, sondern auch an die vielen hervorragenden Gasthäuser und Berghütten.

Die Südtiroler Küche ist längst nicht mehr nur für ihre unendlichen Variationen köstlicher Knödel berühmt. Sie verzaubert inzwischen mit einem Mix aus alpiner Deftigkeit und italienischer Leichtigkeit. Und das auch noch zu einem oft sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis.

Südtirol

  • Anreise:
    Mit dem Zug geht es etwa von München ohne Umstieg bis Bozen. Per Auto ist Südtirol über die Brenner-Autobahn oder den Reschenpass erreichbar. Die nächstgelegenen internationalen Flughäfen sind Innsbruck und Verona.
  • Einreise:
    Aktuell keine Covid-19-Nachweise nötig. (Stand: 20.09.2022)
  • Klima und Reisezeit:
    Südtirol ist ein Ganzjahresreiseziel. Empfehlenswert für Kulinarikfans ist die Zeit der Weinlese im Herbst, wenn es in den Tälern noch warm ist.
  • Informationen:
    Südtirol Information, Südtiroler Straße 60, I-39100 Bozen (Tel.: 0039 (0)471 999 999; Mail: ; Internet: www.suedtirol.info)
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