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Insolvenz eines Reiseveranstalters: Gerechtigkeit für betroffene Reisende Foto: Ezequiel Octaviano/Pixabay

Wenn der Urlaub platzt Rechte und Rückerstattungen bei Insolvenz des Reiseveranstalters

Wenn der lang ersehnte Urlaub plötzlich platzt, weil der Reiseveranstalter Insolvenz anmeldet, ist der Frust meist groß. Allein in Deutschland wurden seit 2020 mehr als 80 Insolvenzverfahren eröffnet. Umso wichtiger ist es, dass Reisende ihre Rechte kennen und in entsprechenden Situationen einen kühlen Kopf bewahren.

Grundlage der Insolvenz eines Reiseveranstalters

Der Begriff der Insolvenz kommt immer dann ins Spiel, wenn Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet sind. Kann das Unternehmen in der Folge seine Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen, kommt das operative Geschäft zum Erliegen. Für Reiseveranstalter kann dies gravierende Folgen haben, da sie oft hohe Anzahlungen für zukünftige Reisen erhalten, aber den damit verbundenen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Häufige Gründe für die Insolvenz von Reiseveranstaltern sind wirtschaftliche Fehlplanungen sowie unvorhersehbare Ereignisse wie zuletzt die COVID-19-Pandemie.

Rechtliche Grundlagen

Die gute Nachricht vorweg: Reisende sind in vielen Ländern - auch in Deutschland - durch gesetzliche Regelungen vor der Insolvenz von Reiseveranstaltern geschützt. Primär zu nennen ist hierbei die EU-Pauschalreiserichtlinie, die in allen Mitgliedstaaten der EU gültig ist. Teil dieser Richtlinie ist es, dass Reiseveranstalter sich dazu verpflichten, Sicherungsmaßnahmen für ihre Kunden für den Fall einer Insolvenz zu ergreifen. Insbesondere die Pflicht einer Insolvenzversicherung nach § 651k BGB sowie der Sicherungsschein für Reisende gehören zu diesen Maßnahmen. Zudem gibt es den Deutschen Reisesicherungsfonds, der im Zweifel die Rückerstattung bereits geleisteter Zahlungen übernimmt. Wer final der Absicherer einer Reise ist, lässt sich dem Versicherungsschein entnehmen.

Unter dem Strich sieht die EU-Pauschalreiserichtlinie dabei vor, dass Kunden im Fall einer Insolvenz entweder ihr Geld zurückerhalten oder eine Rückbeförderung der Reisenden organisiert wird, sollten diese sich bereits am Urlaubsort befinden. Wichtig zu wissen ist, dass diese Regelung nicht nur für Pauschalreisen gilt. Auch verbundene Reiseleistungen wie Flug oder Hotel in Kombination sind durch die Richtlinie gedeckt. Werden Flug und Unterkunft jedoch separat gebucht, fallen diese unter die Einzelleistungen, für die die Absicherung nicht gilt.

Zu beachten ist, dass die Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie je nach Land variieren kann. Während in Deutschland der Sicherungsschein, der mit der Buchung übermittelt wird, Anwendung findet, greifen andere Nationen auf Treuhandkonten oder staatliche Fonds zurück.

Rechte der Reisenden bei Insolvenz

Sofern ein Reiseveranstalter in Deutschland Insolvenz anmeldet, sind die Reisenden hierzulande durch klare rechtliche Vorgaben geschützt. Im Rahmen der deutschen Rechtsprechung haben sich dabei zwei wesentliche Ansprüche etabliert: der Anspruch auf Rückerstattung sowie der Anspruch auf Ersatzreisen.

Wie bereits erwähnt, ist der Insolvenzschutz für Pauschalreisen in Deutschland gesetzlich verankert. In der Praxis bedeutet dies, dass Reisende ihre geleisteten Zahlungen zurückerhalten, wenn der Veranstalter noch vor Reiseantritt insolvent ist. Eine solche Rückerstattung wird durch den Sicherungsschein garantiert. Sollt es tatsächlich zu einem solchen Szenario kommen, können Reisende mithilfe des Sicherungsscheines ihr Geld von der zuständigen Versicherungsgesellschaft zurückfordern.

Tritt die Insolvenz des Veranstalters während der Reise ein, müssen Reisende ebenfalls nicht in Panik verfallen. Aufgrund der Gesetzgebung besteht der Anspruch auf eine Rückbeförderung in die Heimat. Etwaige Kosten für die Rückbeförderung werden ebenfalls von der Versicherungsgesellschaft getragen. Dennoch gilt es zu beachten, dass es infolge der Insolvenz zur Annullierung von Flügen oder Hotelzimmern kommen kann. In diesem Fall müssen Reisende die Dienstleister zunächst selbst bezahlen und die Kosten im Anschluss über den Sicherungsschein geltend machen. Einen konkreten Anspruch auf eine Ersatzreise gibt es ebenfalls nicht. Mitunter kommt es jedoch vor, dass der ursprüngliche Veranstalter eine Ersatzreise mithilfe eines anderen Anbieters organisiert.

Praktische Schritte zur Rückerstattung

Sollte es zu einer Insolvenz des Reiseveranstalters kommen, ist es wichtig zu wissen, wer künftig der Ansprechpartner ist. Grundsätzlich gilt hierbei, dass der Reiseveranstalter selbst der erste Ansprechpartner sein sollte. Allerdings gibt es auch hier Aspekte, die es zu beachten gilt. Denn ist das Insolvenzverfahren bereits eröffnet, müssen Reisende ihre Ansprüche beim Insolvenzverwalter geltend machen. Einzige Ausnahme ist die Insolvenz in Eigenverwaltung, bei der der ursprüngliche Reiseveranstalter weiterhin der Ansprechpartner bleibt.

Um die Ansprüche auf eine Rückerstattung geltend machen zu können, müssen Reisende unterschiedliche Dokumente vorweisen können. Hierzu zählen neben dem Sicherungsschein auch der Reisevertrag, der Zahlungsnachweis sowie eventuelle zusätzliche Nachweise für Kosten, die infolge der Insolvenz während der Reise entstanden sind.

Grundsätzlich haben Reisenden in Deutschland zwei Jahre lang Zeit, um eine Rückzahlung zu fordern. Allerdings raten Experten generell dazu, keine Zeit verstreichen zu lassen und sich so schnell wie möglich an die zuständigen Stellen zu wenden. Springt der Deutsche Reiseversicherungsfonds ein, so sollten Anträge auf Rückerstattung innerhalb von acht Wochen erfolgen.

Sollten sich Reisende Ihrer Rechte nicht sicher sein oder es zu Schwierigkeiten bei der Erstattung kommen, ist eine professionelle Rechtsberatung von spezialisierten Insolvenzanwälten meist der beste Weg, um an sein Geld zu kommen

Vorbeugende Maßnahmen

Um das Risiko zu minimieren, ist es ratsam, auf Reiseveranstalter mit einem guten Ruf zurückzugreifen. Gibt es in den Medien bereits Berichte über finanzielle Schwierigkeiten eines Unternehmens, sollte sich für die Buchung bei einem anderen Unternehmen entschieden werden.

Auch ist es wichtig, ausreichende Rücklagen für den Fall der Fälle zu schaffen. Kommt es während der Reise zur Insolvenz, müssen Reisende vor Ort unter anderem Flüge sowie Hotels zunächst aus eigener Tasche bezahlen und können Ansprüche erst im Nachhinein geltend machen. Insofern ist es wichtig, während der Reise über ausreichende finanzielle Mittel zu verfügen, um für den Ernstfall gewappnet zu sein. Abschließend gilt es darauf zu achten, dass den Buchungsunterlagen ein gültiger Sicherungsschein vorliegt.

Fazit

Die Nachricht einer Insolvenz des Reiseveranstalters ist für viele Reisende im ersten Moment traurig und ärgerlich zugleich. Glücklicherweise bietet das deutsche Recht jedoch einen umfassenden Schutz. Dank der EU-Pauschalreiserichtlinie und des Sicherungsscheins haben Urlauber in Deutschland Ansprüche auf Rückerstattung und Rückbeförderung. Wichtig ist, dass Reisende ihre Ansprüche unverzüglich geltend machen und alle relevanten Unterlagen und Rechnungen

Aufgrund der Dynamik innerhalb der Reisebranchen lassen sich Insolvenzen pauschal nicht ausschließen. Wer sich jedoch ausreichend informiert und schnell handelt, kann einerseits die Risiken senken und andererseits sicherstellen, dass im Fall der Fälle die gesamten Kosten der Reise gedeckt sind.

(14.09.24, dl)

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