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Sie klammern sich in den Fels, als hätten sie Angst, herauszufallen: die weißen Häuser des Tigernest-Klosters 900 Meter über der Fußsohle des Paro-Tals in Bhutan

Sie klammern sich in den Fels, als hätten sie Angst, herauszufallen: die weißen Häuser des Tigernest-Klosters 900 Meter über der Fußsohle des Paro-Tals in Bhutan

Foto: Tourism Council of Bhutan

Reise durch Bhutan Das Paro-Taktsang-Kloster ist ein beliebtes Trekking-Ziel

Im Königreich Bhutan ticken die Uhren anders: Der Reis ist rot und Zigaretten sind verboten. Nur wenige Besucher dürfen in das kleine Land im Himalaya.

Mit Eleganz balanciert die Hausherrin Aum Om das Tablett über die dicken Holzdielen. Sie überreicht den Gästen, die auf Teppichen unter dem wachsamen Blick von Masken sitzen, kleine Schälchen mit ranzigem Buttertee sowie gerösteten Puffreis. Den sogenannten Zaw hat sie selbst in einem großen Wok mit Butter und Zucker geröstet - wie schon ihre Vorfahren. »Ich weiß nicht, wie viele Generationen hier schon gewohnt haben. Vielleicht ist das Haus 300 oder auch schon 400 Jahre alt«, erzählt sie.

Das dreigeschossige, mit Schnitzereien verzierte Anwesen aus Holz, Stein und Lehm ist typisch für die Bauweise im Königreich Bhutan. Es liegt vor den Toren von Paro, versteckt im östlichen Himalaya. Die Straße dorthin wird von wilden Hanfpflanzen gesäumt, Gebetsfahnen wehen an den Talhängen. Wer hier als Tourist ankommt, kann die alte Leiter in den ersten Stock erklimmen, die aus einem fußbreiten Baumstamm mit Kerben besteht - oder er nimmt die Treppe.
 
Alt und Neu liegen in Bhutan oft dicht beieinander. Das »Land des Donnerdrachens« sprintet in die Neuzeit - vergisst aber seine Traditionen nicht. Um das winzige, stille Land vor Massentourismus zu schützen, müssen alle Besucher schon vor der Einreise Rundum-Pakete mit Unterbringung, Essen und Transport buchen, sonst bekommen sie kein Visum. Günstiger Backpacker-Urlaub wie im nahe gelegenen Nepal ist nicht möglich.
 
Viele Besucher kommen wegen der rund 2000 Klöster und Tempel des Mahayana-Buddhismus. Andere nehmen an den zahlreichen Festen teil, bei denen Mönche Maskentänze aufführen. Und manche steigen tagelang über die hohen Bergrücken und durch die tiefen Täler mit dem kristallklaren Wasser. Beliebte Entspannung danach: ein Heiße-Steine-Bad. »Das wirkt gut gegen Muskel- und Gelenkschmerzen, ganz besonders, wenn wir noch Beifuß frisch aus dem Garten hinzugeben«, sagt Aum Om. Die ätherischen Öle schmeicheln der Haut und regen den Kreislauf an.
 
Gebadet wird normalerweise in breiten Holzwannen. Es zischt laut, als Sangay Choeden, die Schwester von Aum Om, die kiloschweren Steine mit einer großen Zange in die Wanne gleiten lässt. »Wir holen die Steine alle von Hand aus dem Flussbett. Sie enthalten wichtige Mineralien, die sie ins Wasser abgeben«, sagt die 80-jährige Tsheridey, die Mutter von Aum Om. »Früher haben wir das Wasser nicht ausgetauscht, weil es mit jedem Stein mineralhaltiger wird. Sogar die Nachbarn kamen an Festtagen zum Baden zu uns«, erinnert sie sich. Für die Besucher werde das Wasser aber jeweils gewechselt, fügt sie hinzu.
 
Tshering, der Hausherr, lacht vergnügt, während er im Schuppen Feuer macht. »Wir sind mit unserem Leben zufrieden«, sagt er. Über der Glut steht ein riesiger schwarzer Topf, in dem Wasser brodelt. »Das brauche ich für unsere Kuh. Ich vermische das Getreide damit, damit sie es besser essen kann«, sagt er.
 
Für das Abendessen erntet die 15-jährige Tochter, Khandum Om, Kürbis, Bohnen, bitteres Blattgemüse, Chilis und Rettich im Garten. Das Gemüse wird mit Senföl gebraten, das aus gerösteten Senfkörnern gewonnen wird. Ihre Mutter holt noch den selbstgemachten Weizenschnaps Ara und Reiswein aus einer Kammer. »So viel brauchen wir nicht», sagt sie. »Ein Topf reicht für sechs Monate.«
 
Vor dem Essen müssen die Hände gesäubert werden. Normalerweise essen die Bhutaner nicht mit Besteck, sondern schieben das Essen mit den Fingerspitzen in den Mund. Früher nahmen sie dazu gerne eine Hand voll Reis und kneteten so lange, bis der Dreck weg war, erklärt ein Nachbar. Heute bevorzugten die meisten allerdings auch Wasser zum Waschen, fügt er hinzu.
 
Dann stellt Aum Om unzählige Schüsseln auf den Boden: das gemischte Gemüse aus dem Garten, Rührei mit vielen Gewürzen, Chilis als Salat, Chilis als Gemüse in Käsesoße, getrocknete Schweinestreifen mit Rettich, pikanter Kartoffelsalat. Und vor allem: roten Reis, eine Nationalspeise. Das meiste ist ökologisch angebaut - Bhutan will das erste Bio-Land der Welt werden.
 
»Ihr müsst euch von allem zweimal nehmen, um zu zeigen, dass es euch schmeckt«, sagt Om. Das Essen ist für viele westliche Besucher sehr scharf, doch dahinter steckt Methode: Chilis sind Teil jedes Gerichts, um die Menschen von innen zu wärmen.
 
Über Jahrhunderte war Bhutan von der Außenwelt fast abgeschnitten, erst 1999 kamen Fernsehen und Internet ins Land. Die ganz eigene Kultur, die sich dank der natürlichen Isolation in den Bergen herausprägte, ist bis heute präsent, etwa durch die Gebetsmühlen, Schreine und Stupas, die überall in den Tälern stehen.
 
Die spirituelle und materielle Welt fließen in Bhutan zusammen. So schmücken Phallus-Symbole die Wände auch moderner Häuser, um böse Geister fernzuhalten und die Bewohner zu beschützen. Viele Menschen erzählen von Berggöttern und guten Geistern, und die meisten Bewohner glauben an den Migo, eine bhutanische Version des Yeti.

 
 
Anreise:
Bhutan liegt im östlichen Himalaya zwischen Indien und China. Nur die staatliche Fluggesellschaft Drukair fliegt den einzigen internationalen Flughafen in Paro an, und zwar von Bangkok, Kathmandu, Singapur und mehreren indischen Städten. Es gibt drei Straßen ins Land, alle von Indien aus.
 
Unterkunft:
In den Städten gibt es zahlreiche Hotels, alle mit mindestens drei Sternen. Auf dem Land ist die Übernachtung in traditionellen Häusern möglich.
 
Kosten:
Jeder Tourist muss ein Paket aus Übernachtung, Essen, Reiseführer und Transport buchen. Das kostet in der Hochsaison umgerechnet 185 Euro, in der Nebensaison 150 Euro pro Person und Tag. 48 Euro davon fließen in Bildung, Gesundheitsversorgung und Armutsbekämpfung des Staates.
 
Sprache:
Amtssprache ist Dzongkha. Die meisten jungen, gebildeten Bewohner und Mitarbeiter in der Tourismusbranche sprechen auch Englisch.
 
(04.02.2014, dpa)
 
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