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Blick von der Zitadelle von Bastia auf den Hafen: Für die meisten ist die korsische Stadt nur eine Durchgangsstation, hier legen viele Fähren vom Festland an.

Blick von der Zitadelle von Bastia auf den Hafen: Für die meisten ist die korsische Stadt nur eine Durchgangsstation, hier legen viele Fähren vom Festland an. Foto: JC Marsily/Bastia Tourisme Corsica/dpa-tmn

Städtereise Bastia: Das Raumschiff und der verrufene Garten

Bastia gilt als mäßig attraktive Industriestadt, die meisten Korsika-Urlauber fahren schnell weiter. Nun soll aber dem alten Hafen neues Leben eingehaucht werden - dahinter steht ein großes Ziel.

Ob Architektur gelungen ist, entscheiden am Ende die Bürger einer Stadt. Im Falle von Bastia fällt die Abstimmung mit den Füßen eindeutig aus: «Jeder liebt die neue Promenade», sagt der Stadtführer Jean-Pierre Defendini.

Warum, verrät schon ihr korsischer Name: «Aldilonda» heißt der neue Gehweg, «über dem Meer». Einen knappen halben Kilometer weit schlängelt er sich entlang der Festungsmauer, seine Betonplatten ruhen auf Stahlträgern, die in die Uferfelsen gebohrt wurden. Zeitgemäß im rostigen Look belassene Stahlstäbe säumen die Promenade und geben den Blick frei aufs glitzernde Türkis darunter.

Selbst an einem gewöhnlichen Dienstag ist einiges los. Jogger jeden Alters traben vorbei, Mütter schieben ihre Kinderwagen, Rennradler und Jugendliche auf Elektro-Tretrollern überholen.

Manche wollen zum kleinen Sandstrand Ficaghjola, wo sich schon am Vormittag die Familien drängen. Andere fahren weiter bis in die südlichen Stadtviertel, wo sich das Stadion des stolzen SC Bastia erhebt und die Stadt in einer endlosen Reihe von Einkaufscentern und Outlets, Fabriken und Lagerhallen ausläuft.

«Bastia ist bisher keine touristische Stadt», sagt Defendini. Zwar kommen jedes Jahr mehr als zwei Millionen Passagiere mit den Fähren vom Festland im Hafen an. «Aber die meisten Urlauber fahren gleich durch den Tunnel nach Süden, zu den großen Stränden.»

Nun aber bewirbt sich Bastia um den Titel als Europäische Kulturhauptstadt 2028. Mehr Festivals, gute Hotels und ausgebildete Guides sollen Gäste in die Stadt locken. Und natürlich soll Bastia auch hübscher werden - besonders am Vechju Portu.

Schicke Restaurants vor bröckelnden Fassaden

«Der alte Hafen war ein vergessenes Viertel», sagt Defendini. Selbst in erster Reihe, am Hafenbecken mit seinen Segelbooten und kleinen Motorjachten, verfallen fensterlose, fleckige Ruinen.

Aus ganz Korsika kamen früher die Menschen, um sich hier im Hafenviertel zu amüsieren. «Die kommunistische Résistance gegen die Italiener und Deutschen war hier sehr stark», sagt Defendini. Der Hafen wurde deshalb bombardiert.

Nun aber soll der Vechju Portu wieder zum Ausgehviertel werden. Vor die bröckelnden Fassaden wurde in den vergangenen Jahren eine Reihe von Pavillons aus Glas und Stahl gesetzt. Schicke Schilder über den Markisen preisen Sushi, Tapas, Burger und Vinotheken an.

In zwei kleinen Gebäuden ist ein neues maritimes Museum geplant. Und bald sollen die Parkplätze rings ums Hafenbecken einer Fußgängerzone weichen. «Die Anwohner sind aber total dagegen», sagt Defendini.

Die doppelte Stadt

Bastia war lange strikt zweigeteilt: Auf einem felsigen Hügel sitzt die Festung der Genuesen aus dem 14. Jahrhundert, die Bastiglia, die der Stadt ihren heutigen Namen gab. Zusammen mit der umgebenden Zitadelle mit ihren engen Gassen wurde sie Terra Nova genannt. Zu ihren Füßen reihten sich die Häuser der korsischen Bauern und Fischer rings um den alten Hafen: die Terra Vecchia.

«Die Genuesen und Korsen mischten sich lange nicht», erzählt Defendini, während er die Steintreppe zur Église Sainte-Marie hinauf steigt. Die Kathedrale aus dem späten 15. Jahrhundert schwelgt im Genueser Barock, zur Messe gingen hier nur die Beamten und Soldaten der Besatzer. «Korsen kamen hier nicht rein», sagt Defendini.

Die Einheimischen bauten sich deshalb auf der anderen Seite des alten Hafens eine noch größere Kirche, die barocke Église Saint-Jean-Baptiste. Ihre Doppeltürme sind heute das Wahrzeichen der Stadt.

Ein Aufzug wie ein Raumschiff

«Früher war es schwierig, von der Terra Vecchia in die Terra Nova zu spazieren», sagt Defendini. Zwar wurde 1873 die Escalier Romieu vollendet, eine schöne Freitreppe. Doch ihre steilen Stufen sind nicht für jeden machbar.

Deshalb entschied die Stadtverwaltung, einen neuen Zugang für Ältere oder Tourgruppen vom alten Hafen hinauf zur Terra Nova zu bauen. Mantinum wurde das 3,5 Millionen Euro teure Projekt genannt, wie die römische Stadt, auf deren Fundamenten Bastia steht.

Unübersehbar ist vor allem der neue Aufzug: Wie ein Raumschiff sticht seine scharfe Betonkante aus dem Felshang, auf dem Sträucher und Agaven wuchern. Der grobporige, in Braun- und Grautönen gestreifte Sichtbeton wurde aus dem Gestein der Klippen gemischt, poliertem Schiefer und Cipollino-Marmor.

«Die brutalistische Architektur soll modern sein, aber sich in das Ensemble der Zitadelle einfügen», erklärt Defendini. Das Fachmagazin «D'Architectures» zeichnete das Projekt als eines der elf besten des Jahres 2020 in Frankreich aus. Die Reaktion der Einwohner dagegen sei gemischt gewesen, sagt Defendini: «Manche kritisierten, dass es aussehe wie ein Bunker. Anderen gefällt es.»

Freifläche mit Meerblick

Das Projekt, von den gleichen Architekten entworfen wie die Promenade, soll Ober- und Unterstadt verschmelzen. Wer den Aufzug nimmt oder die Treppe durch den steilen Bogengang empor steigt, tritt oben hinaus in ein Amphitheater aus Beton: das Théâtre de Verdure, zu Deutsch Theater im Grünen.

Bisher sei es noch nicht so beliebt wie die Promenade, sagt Defendini. Konzerte finden eher nebenan im Innenhof des Gouverneurspalastes statt, der heute das Stadtmuseum ist. Aber die offene Freifläche hat durchaus Potenzial. An diesem Morgen trainieren ein Vater und sein Sohn im Amphitheater unermüdlich Stufenlaufen, Urlauber fotografieren sich oben auf der Terrasse mit Meerblick.

Der verrufene Garten

Wem es hier im Sommer zu heiß wird, der flüchtet sich am besten gleich unterhalb in den Jardin Romieu - einen kleinen botanischen Garten, der im 19. Jahrhundert an den Hängen unter der Festung angelegt wurde.

«Für uns Bastiais ist das immer noch ein verrufener Ort, wo Jugendliche Joints rauchen und sich nachts Verliebte treffen», sagt Defendini. Nun aber wurde der Müll weggeräumt, die verwinkelten Treppen und Wege sind neu gepflastert. Und Metallschilder erklären die Namen der Bäume und Sträucher: Granatapfelbaum, Judasbaum, Japanischer Spindelstrauch.

Die mächtigen Schirmpinien würde selbst der botanische Laie ohne Schild erkennen. In ihrem Schatten sitzt man zur Siestazeit auf einer Bank, genießt die Brise und schaut hinüber zum kleinen Leuchtturm, wo Jugendliche in neonbunten Shorts von der Kaimauer springen. Und denkt: Gar nicht so übel, dieses Bastia.

Weitere Infos zu Bastia

  • Anreise: Per Zug nach Livorno, Genua, Savona, Nizza oder Toulon, wo Fähren nach Korsika starten. Aus mehreren deutschen Städten gibt es Direktflüge nach Bastia.
  • Reisezeit: Frühling und Herbst sind für Korsika optimal. Im Sommer ist es oft sehr heiß auf der Insel, und in den französischen Ferien sind viele Unterkünfte ausgebucht.
  • Infos: www.visit-corsica.com/de; www.bastia-tourisme.com/de
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