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In Essen lässt sich jetzt ins Jahr 1887 zurückreisen. Die Mixed-Reality-Tour führt auch am Grillo-Theater vorbei.

In Essen lässt sich jetzt ins Jahr 1887 zurückreisen. Die Mixed-Reality-Tour führt auch am Grillo-Theater vorbei. Foto: Bernd Thissen/dpa

Mixed-Reality-Tour Digitale Zeitreise ins Essen von 1887 fasziniert

Ein Zeitungsjunge preist auf der Straße eine «Sonderausgabe» an. Wilhelmine Grillo alias RTL-Star Tatjana Clasing diskutiert mit einem Wirt über Krupp. Wer die Stadt Essen im Jahr 1887 erleben will, kann dies bei einer Mixed-Reality-Zeitreise tun.

Im Filmklassiker «Zurück in die Zukunft III» reist Hollywoodstar Michael J. Fox alias Marty McFly mit seinem Freund Doc Emmet Brown (Christopher Lloyd) ins Jahr 1885. Eine ähnliche - aber digitale - Zeitreise können nun Besucher in der Reviermetropole Essen unternehmen.

Plötzlich erscheint Schauspielerin und RTL-Star Tatjana Clasing («Alles was zählt») als Hologramm in Gestalt von Wilhelmine Grillo in historischer Altstadt-Kulisse.

Ihr Mann Friedrich Grillo will gerade das erste Theater der Region bauen, das noch heute seinen Namen trägt. Wilhemine philosophiert derweil mit Kneipenwirt Hannes (Henning Baum) am Tag der Beerdigung von Alfred Krupp, dem Sohn von Unternehmensgründer Friedrich Krupp, über die Zukunft des Steinkohle-Bergbaus im Ruhrgebiet. Und am Ende kann man sogar noch bei Alfred Krupps Beisetzung zusehen.

Viele bekannte Gesichter zu sehen

Die Protagonisten von «Essen 1887 - eine Mixed-Reality-Zeitreise» sind neben «Alles was zählt»-Darstellerin Clasing und ihrem Kollegen Baum auch Schauspielerin Alicja Rosinski (Dienstmädchen), Gastronom und TV-Koch Nelson Müller, der als Händler vor der Marktkirche den fast prophetischen Satz «Kochen wird Kultur» zum Besten gibt, sowie Moderatoren-Urgestein Harry Wijnvoord (Illusionist) und das Rap-Duo «257ers».

Als Barden trällern die Essener Rapper ein Liedchen neben einer Musikbox - alles virtuell, versteht sich. Als die Rapper vom Projekt hörten, waren sie sofort Feuer und Flamme. «Wir als Avatare in unserer eigenen Stadt? Komplett neue Technik? Alles digital? Da müssen wir dabei sein», sagt Shneezin. Sein Partner Mike ergänzt: «Das klang einfach zu abgefahren, um nicht dabei zu sein.»

Offizieller Start der visuellen und akustischen Wanderung durch das historische Essen mit Überraschungseffekten ist an diesem Freitag (1. April). Clasing durfte die Tour schon «live» erleben. Die in Köln lebende Schauspielerin, die einst jahrelang im Grillo-Theater auf der Bühne stand, war bei ihrer Rückkehr in die ehemalige Wahlheimat begeistert. Ausgestattet mit einer Spezialbrille - ähnlich einer Sonnenbrille - schlenderte die 58-Jährige vom Hauptbahnhof über die Einkaufsmeile Kettwiger Straße und traf auf sich selbst als Hologramm. «Bei diesem Projekt mitzuwirken und mir nun hier in Essen als Wilhelmine Grillo virtuell zu begegnen - das ist schon sehr spannend», sagt Clasing der Deutschen Presse-Agentur.

Tour kostet 25 Euro und beginnt am Hauptbahnhof

Es lohnt sich nicht nur für Essener, 25 Euro für die rund zweistündige und knapp zwei Kilometer lange Tour auszugeben, die in der Tourist-Info am Hauptbahnhof startet.

Die Anwendung ist einfach. Zur Ausstattung gehören neben der Brille noch ein Handy, das um den Hals gehängt wird, und ein Kopfhörer. Die Mixed-Reality-Brille kann für Brillenträger sogar individuell mit entsprechenden Sehstärken ausgestattet werden.

Die Brille ermöglicht die dreidimensionalen Bilder, scannt mittels Sensoren permanent die Umgebung und leitet den Nutzer per Wegbeschreibung und Karte durch die City zu insgesamt 24 digitalen Punkten, sogenannten Markern. Nähert man sich einem Marker bis auf etwa 20 Meter, gibt das Gerät einen Hinweis und es erscheinen historische Kulissen wie das Rathaus, das Krupp-Geburtshaus oder zeitgemäß gekleidete Personen, um die man sogar herumlaufen und die man von allen Seiten betrachten kann.

Technik ist beeindruckend, aber nicht ohne Risiko

Das Gute: Der Kunde verliert die reale Welt nie ganz aus den Augen, weil die Brille nicht dicht abschließt wie eine Taucher-, VR- oder Skibrille. Dennoch ist Vorsicht geboten, um nicht gegen eine Laterne oder ein Schild zu laufen. Bevor man eine Straße überquert, gibt es einen Warnhinweis. Wenn eine Szene läuft, sollte man besser stehenbleiben. Clasing: «Man kann sich auf das konzentrieren, was man sieht. Ich finde die Stimmung echt schön.»

Die hinter dem Erlebnis stehende Technik ist beeindruckend. Alle Mitwirkenden wurden in einem der modernsten 360-Grad-Studios im niederländischen Eindhoven von zig Kameras erfasst und digitalisiert. Hier mussten Clasing, Müller und Co. quasi «im luftleeren Raum» beziehungsweise in einem grünen Studio ohne Widerpart und Orientierung agieren und die Texte einsprechen.

«Henning Baum, mit dem ich mich virtuell mehrfach unterhalte, habe ich beim Drehen nie getroffen», erzählt Clasing. «Das Drehen war eine große Herausforderung. Ich habe noch nie einen Text so gebüffelt, weil man sich keinen Versprecher leisten kann.»

Mixed Reality als Stadtführung zu nutzen, sei vollkommen neu, betont Essen Marketing. Die Interaktion der Charaktere in der Tour mit den Besuchern sei aktuell noch einzigartig. Für die Revierstadt scheint das Projekt neben dem Werbeeffekt auch finanziell ein Erfolg zu werden. Schon vor Weihnachten wurde mit dem Verkauf von Gutscheinen und Online-Tickets begonnen, obwohl noch niemand so recht wusste, was ihn erwartet. 80 Brillen sind verfügbar, sechs Besucher können alle 15 Minuten ausgestattet werden. So sei es möglich, pro Tag 144 Zeiteinheiten anzubieten. «April und Mai sind schon sehr gut gebucht», berichtet Florian Hecker, Sprecher von Essen Marketing.

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