Storno und Erstattungen Hochwasser in Europa: Was reiserechtlich gilt
Unter anderem in Teilen Polens, Tschechiens und Österreichs herrschen wegen des Hochwassers dramatische Zustände. Wer die Bilder von überfluteten Straßen und Siedlungen sieht, mag an Reisen in die betroffenen Regionen in Mittel- und Osteuropa gerade nicht denken.
Denn auch im touristischen Bereich sind Auswirkungen natürlich spürbar: Züge fahren auf vielen Strecken aktuell nicht, Flusskreuzfahrtschiffe kommen nicht weiter. Und was ist eigentlich, wenn man einen Urlaub etwa in Wien oder Prag geplant hat?
Zunächst: Ist man schon vor Ort und kann zum Beispiel Besichtigungstouren, die im Reisevertrag zugesichert wurden, nicht machen, können sich Minderungsansprüche auf den gezahlten Reisepreis ergeben – man bekommt also gegebenenfalls anteilig Geld zurück. Das könnte etwas die Gäste der Flusskreuzfahrtschiffe betreffen, die Medienberichten zufolge auf der Donau in Wien gestrandet sind und ihre Route nicht wie geplant fahren können.
Bahngastrechte kennen
Und wenn die Bahn nicht fährt? In Österreich zum Beispiel sind viele Zugstrecken unterbrochen, die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) baten in einer «dringenden Reisewarnung» am Sonntag ihre Kunden darum, von nicht unbedingt notwendigen Reisen abzusehen – das gilt aktuell bis einschließlich Donnerstagabend (19.09.). Die Zugbindung bei allen nationalen, internationalen und Nachtzugtickets sei aufgehoben worden, so die ÖBB. Die Tickets seien bis 22.09. gültig. ÖBB-Fahrscheine für jene Züge, die von der «Reisewarnung» betroffen sind, könnten auch erstattet werden.
Wichtig zu wissen in dem Zusammenhang: Bahnreisende haben EU-weit Fahrgastrechte – unter anderem auf Hotelübernachtungen auf Kosten des Bahnunternehmens, wenn es keine Möglichkeit gibt, weiterzureisen, schreibt das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ). In Fällen von höherer Gewalt, zu denen auch das Hochwasser zählen dürfte, kann die Übernahme der Kosten allerdings auf drei Nächte begrenzt sein.
Umbuchungen und Ticketerstattungen sind bei absehbaren, größeren Verspätungen und Zugausfällen laut EU-Recht möglich. Womit es im Fall des Hochwassers hingegen vermutlich schlecht aussieht, sind zusätzliche Entschädigungen – bei höherer Gewalt kann das Bahnunternehmen diese Ansprüche seitens des Fahrgastes ablehnen.
Veranstalter nach Informationen fragen
Und was ist mit zeitnah anstehenden Trips in betroffene Regionen? Pauschalreisenden rät der Reiserechtler Paul Degott aus Hannover, den Reiseveranstalter in die Pflicht zu nehmen, «was Informationen über die vermutlichen Abläufe der Städtetour angeht und die möglichen Risiken von Absagen, all dies vor dem Hintergrund des jeweiligen Hochwassers».
Ist vor Reiseantritt für Urlauberinnen und Urlauber, etwa anhand von TV-Nachrichten, absehbar, dass geplante Reiseaktivitäten vermutlich nicht durchführbar sein werden und kann der Veranstalter das auf Nachfrage auch nicht sicher zusagen, dann könnte man ohne Stornogebühren von der Reise zurücktreten, so Degott.
Im Reiserecht spricht man in so einem Fall von unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen, die die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen. Oft sagen Veranstalter Reisen in solchen Fällen auch von selbst ab.
Individualreisende haben es hier schwerer – sie müssen sich im Zweifel mit dem Hotel oder dem Ferienwohnungsvermieter vor Ort auseinandersetzen, sofern sie bei der Buchung keine flexiblen Stornierungsmöglichkeiten ausgewählt haben.
Nicht vorschnell stornieren
Was gebuchte Städtereisen oder Flusskreuzfahrten im mittelfristigen Zeitraum angeht, sollte man nicht vorschnell davon zurücktreten – sonst drohen Stornokosten. «Die Rücktrittsgründe muss der Reisende darlegen und beweisen können», so Degott.
Reist man zum Beispiel erst in vier Wochen, könnte es sein, dass dann alle Aktivitäten wieder möglich sind. Auch hier gilt dem Anwalt für Reiserecht zufolge: «Den Reiseveranstalter in die Pflicht nehmen und zeitnah und fortlaufend Informationen dazu abfragen, ob die geplante Reise durchgeführt wird und wenn ja, zum gebuchten Inhalt oder mit Modifikationen.»
Dabei gilt: Reisepreisminderung ja, aber weitere Entschädigungen eher nein. «Schadenersatzansprüche wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit fallen nicht an, weil das Verschulden des Veranstalters fehlt», stellt Degott klar.