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Den Blick auf's Meer gibt es beim Essen gratis.

ISTRIEN Kroatiens schönste Halbinsel hat viel zu bieten

Losfahren und genießen - an der oberen Adria wartet Kroatiens Genießerregion auf Weinliebhaber und Trüffelfreunde.

Mattea Beletic wetzt kurz ihre japanische Messer, bevor sie blitzschnell zwei Seebrassen vor den Augen der Gäste zu Sashimi verarbeitet. Geschickt wie bei einem fernöstlichen Großmeister blitzen die Klingen in der winzigen Fisch-Konoba in der Altstadt von Novigrad. Schon hat die junge Frau die Filets mit einigen Tropfen Olivenöl und Zitrone mariniert.

Das war bereits die ganze Zubereitung: Ein großer Teil des fünfgängigen Menüs in dem kleinen istrischen Lokal besteht aus rohem Fisch. Wenn Matteas Vater Damir die nötigen Zutaten von den örtlichen Fischern mal einen Tag nicht in perfekter Qualität erhält, dann sperrt der frühere kroatische Handballstar lieber gar nicht erst auf. Die Gäste haben sich damit abgefunden, und die Gastro-Bibel Gault Millau offenbar auch: Ihr sind die Kochkünste von Tochter Mattea, Papa Damir und Mama Ornela zwei Hauben wert.

Das Restaurant »Damir & Ornela« mag ein Unikum sein - ein Einzelfall ist es nicht. Istrien, die Halbinsel an der oberen Adria gegenüber von Venedig und Triest, ist fast 20 Jahre nach dem Ende Jugoslawiens zum Genießerreiseziel geworden, das sich an den Klassikern misst: Elsass, Toskana, Provence.

Gourmets aus der ganzen Welt reisen an, um Muschelrisotto und Drachenkopf vom Grill, Langusten und wilden Spargel neu zu entdecken. Die langjährigen Stammurlauber der FKK-Campingplätze an der Küste haben längst aufgehört, den Kopf zu schütteln. Viele sind selbst schon von den einstigen Cevapcici zur gratinierten Jakobsmuschel umgeschwenkt.

Das istrische Küchenwunder startete vor gut zehn Jahren mit einem Paukenschlag: Da gruben der Einheimische Giancarlo Zigante und seine Hündin Diana im Flusswald der Mirna die größte jemals gefundene weiße Trüffel aus: Sie wog über 1,3 Kilogramm und brachte 5000 Euro. Die Welt der Feinschmecker horchte auf.

Heute ist Zigante Istriens Trüffelkönig. Hinter dem schmiedeeisernen Tor seines Restaurants im Dörfchen Livade öffnet sich eine Marmorloggia, aus dem Lautsprecher tönen Opernarien. Schwarz livrierte Weinkellner mit frisch gestärkten Kragenhemden servieren formvollendet Champagner und - natürlich Trüffeln. Nur der untersetzte Endfünfziger, der da etwas abseits in der abgewetzten Lederjacke steht, sieht so aus wie immer: Das ist Zigante selbst. Vermutlich läutet gleich wieder sein Handy, weil jemand ihm eine frisch gefundene Knolle anbietet. Dann startet er seinen Jeep und macht ein Bargeschäft.

Ein Billigland ist Istrien sicher nicht mehr. Damir Beletic hat keine Speisekarte und verlangt pauschal 70 Euro für fünf Gänge. Auch Zigante ist kein Preisbrecher, doch 30 Prozent unter den Preisen im Piemont und Perigord liegt er immer noch. Ein Trüffel-Probiermenü gibt es bei ihm für 23 Euro, drei Gänge kosten 45 Euro. Im Laden nebenan ist ein Gramm schwarze Trüffel für einen Euro zu haben, für die weiße Königin der Trüffeln verlangt er vier Euro.

»Da hinten liegt das Meer.« Tullio Fernetichs Blick schweift über den weiten Swimmingpool und die ebenso jungen Olivenbäume den Hügel hinunter zur kaum fünf Kilometer entfernten Küstenlinie. Der drahtige Familienvater war einst Bürgermeister in seinem Heimatort Brtonigla und hatte vergebens Investoren für ein gepflegtes Landhotel gesucht. Heute betreibt er das »San Rocco« selbst: ein Schmuckstück am Dorfrand, errichtet in den Mauern mehrerer historischer Steinhäuser mit viel Glas und unbehauenem istrischen Marmor. Dreimal hintereinander wurde das Haus als »bestes kleines Hotel in Kroatien« ausgezeichnet.

Um den zentralen Olivenbaum im marmorgepflasterten Innenhof zirpen die Grillen. Abends tischt der Herr des Hauses auf: zum Beispiel Teufelsfisch mit Trüffeln, Risotto mit Gambas und Morcheln. Dazu gibt es Wein von Giorgio Clai aus dem Nachbarort Buje. Clai, ein kräftiger Mann mit großen, schweren Händen, hält nichts von geschöntem Wein, sondern lässt seine Malvasier ungekühlt auf den Schalen gären wie schon der Großvater, gibt ihnen danach durch Lagerung im kleinen Eichenfass aber zeitgeistige Note. Wenn Gäste kommen, lässt er sie gern probieren - falls er nicht gerade im Weinberg arbeitet.

Solche Tipps wie das kleine Weingut hat die Hoteliersfamilie Fernetich zahlreich auf Lager. Wer ihnen folgt, der landet mal auf der schönsten Caféterrasse Istriens im Künstlerdorf Groznjan hoch oben auf einem Felsen über dem Mirnatal, mal in der romantischen Verkostungsstube des Olivenölbauern Klaudio Ipsa bei Oprtalj und dann wieder beim Baden an einem idyllischen kleinen Kiesstrand bei Umag. Es liegt ja alles nah beieinander.

Manches muss man freilich auch selbst entdecken. Wie die Konoba Astarea: Nur fünf Fußminuten vom Hotel entfernt, tischt Gastgeber Toni Kernjus in diesem rustikalen Wirtshaus handgerollte Fuzi-Nudeln auf, bringt frisch gebackenes Brot und Prsut, den istrischen Rohschinken, an den Tisch. Wo ist denn hier die Küche, fragt ein Gast. Die Antwort ist einfach: Es gibt keine. Lammkeulen, Fische, Pilze, Fleisch - Gastgeber Toni grillt alles am offenen Feuer unter der Peka, der traditionellen Erdfeuerhaube. Dort brutzelt in einer Spezialvorrichtung auch der abschließende Höhepunkt des Mahls - ein Apfelstrudel.

Service Istrien


Die kostenlose Zeitschrift Istrien Magazin 2010 mit vielen Tipps rund um Küche, Wein und Olivenöl gibt's beim Tourismusverband Istrien, Pionirska 1, 52440 Porec, Kroatien, Tel. 00385/52/4527-97, Fax -96, E-Mail: , Internet: www.istra.hr;

Konoba Damir & Ornela, Ulica Zidine 5 (Altstadtzentrum), Novigrad, Tel. 00385/52/758134, (Unbedingt reservieren! Weil bei den Fischmenüs nur ganz frische Ware möglich ist, kann nur essen, wer vorher reserviert hat!);

Enoteka Zigante, Livade 7, Tel. 00385/52/664302, Internet: www.zigantetartufi.com;

Landhotel San Rocco, Brtonigla, Srenja ulica 2, Tel. 00385/52/725000, Fax 725026, E-Mail: , Internet: www.san-rocco.hr;

Klaudio Ipsa, Livade/Ipsi, Tel. 00385/98/219538

(September 2010, Hans-Werner Rodrian, SRT)

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