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Wer mit der Gondel-Seilbahn auf den Zuckerhut fährt, wird mit einem grandiosen Stadtpanorama belohnt

Wer mit der Gondel-Seilbahn auf den Zuckerhut fährt, wird mit einem grandiosen Stadtpanorama belohnt

Foto: Manuel Meyer

Rio de Janeiro Wegen Sport-Events fehlt das Geld

Copacabana, Zuckerhut, Samba. Rio de Janeiro, Südamerikas vielleicht faszinierendste Metropole, hübscht sich auf für die Olympischen Spiele im August. Schön für Touristen - doch das Geld für das Sportspektakel fehlt woanders. Und das merkt der Besucher.

Rio de Janeiros weltberühmte Strände Copacabana und Ipanema können deprimierende Orte sein. Zumindest für schneeweiße Europäer mit Bürosesselfigur, die einfach nur zum Relaxen gekommen sind.

Natürlich gibt es hier nicht nur durchtrainierte Muskelpakete, Ballkünstler und Bikini-Schönheiten am Strand. Doch niemand legt sich hier einfach nur zum Sonnen in den Sand. Die Brasilianer schwimmen und surfen im türkisblauen Atlantik. Sie joggen auf der Strandpromenade, machen Liegestützen, spielen Fußball, Beachball oder Volleyball. Fast könnte man glauben, alle trainieren, um auch an den Olympischen Spielen teilzunehmen, die hier im August ausgetragen werden.

 
Warum Rio den Beinamen »Cidade maravilhosa« trägt, versteht man erst richtig, wenn man die »wundervolle Stadt« aus der Vogelperspektive sieht. Die gewaltige Christus-Statue thront auf dem 700 Meter hohen Corcovado-Berg. Von hier oben zeigt sich Rio als Mutter aller Ansichtskarten. Eine Sechs-Millionen Metropole, eingekesselt zwischen dem subtropischen Regenwald und dem blauen Atlantik. Überwachsene Granithügel trennen die Viertel. Vom Corcovado aus konzentrieren sich die Blicke auf den weltberühmten Zuckerhut, den Pão de Açúcar.
 
Von dort wiederum fällt der Blick direkt auf das hügelige Künstlerviertel Santa Teresa mit seinen Galerien und Cafés. Hier lebt Rios Bohème. Viele Maler, Dichter und Musiker verschlägt es zum Feiern aber ins alte Stadtviertel Lapa am Fuße des Hügels. Dort trifft sich Rios Samba- und Salsaszene. Das frühere Problemviertel und das angrenzende historische Stadtzentrum werden langsam wieder neu entdeckt. Es wurde viel investiert. Kolonialhäuser sind restauriert, die Sicherheit wurde verbessert.
 
Die »Arcos da Lapa«, ein aus der Kolonialzeit stammendes Aquädukt, wird derzeit für die Olympischen Spiele herausgeputzt. Bürgermeister Eduardo Paes ließ für Fußball-WM 2014 und Olympia die U-Bahn erweitern und den Flughafen ausbauen. Viele Favela-Armenviertel wurden »befriedet«, ein Teil des Zentrums zur Fußgängerzone umgebaut.
 
Für die Außenbezirke wie Barra da Tijuca wurde eine Schnellbuslinie eröffnet. Zum Glück: Dort liegen nämlich 56 Kilometer außerhalb des Zentrums das Olympische Dorf und der Olympiapark. Und die geplante U-Bahnlinie, die mit 2,5 Milliarden Euro fast doppelt so viel kostete wie geplant, aber nicht rechtzeitig zu Olympia fertig wird.
 
Fast zehn Milliarden Euro pumpte Brasilien in die Sportstätten und Infrastrukturprojekte in Rio de Janeiro, damit die Welt im August eine tadellose Olympia-Stadt sehen kann. Doch dann brach vor zwei Jahren die Wirtschaft ein und damit auch die Olympia-Vorfreude vieler Cariocas, die Einwohner Rios. Rio ist plötzlich hoch verschuldet, muss Milliarden für die Olympia-Projekte zahlen. So gibt es kein Geld mehr für Lehrer und Ärzte.
 
Schon seit Monaten werden 70 Schulen in Rio von Schülern besetzt. Sie protestieren dafür, dass die Lehrer wieder Lohn erhalten und Unterricht geben. »Man verbaut uns unsere Zukunft, nur weil Milliarden in Sportstätten investiert werden mussten«, schimpft die 16-jährige Schülerin María Cunha, die zusammen mit Kommilitonen ihre Schule Amaro Cavalcanti besetzt hält. Und wegen leerer Staatskassen mussten im vergangenen Jahr gleich mehrere Krankenhäuser schließen.
 
»Die Olympiade war eine Gelegenheit, die Infrastruktur der Stadt zu verbessern. Wir haben viele zuvor heruntergekommene Stadtviertel wieder renoviert und attraktiv für Touristen und Einwohner gemacht«, verteidigt sich Eduardo Paes. Als Beispiel nennt Rios Bürgermeister die Verschönerung des alten Hafenviertels Porto Maravilha, wo seit Dezember am Pier Mauá auch das futuristische »Museum für Morgen« steht. Der Bau des spanischen Stararchitekten Santiago Calatrava ist von außen ein wahrer Hingucker und entwickelt sich bereits zu einem der neuen Wahrzeichen der Stadt.
 
»Viele Stadtviertel sind nun schöner und sicherer geworden. Das stimmt. Aber wir können die gestiegenen Mieten nun nicht mehr zahlen«, versichert João Neli. Der Maler wohnt in der Ausgehstraße Sacadura Cabral im Zentrum, wo mit den neuen Parkanlagen und Gebäuden auch die Immobilienspekulanten kamen. Noch schlimmer trifft es Straßenkinder und Bettler. »Sie werden zu Olympia einfach weggesperrt oder aus dem Zentrum verbannt, damit kein schlechtes Image aufkommt«, berichtet der brasilianische Soziologe Dario Sousa.
 
Das katzenähnliche Olympia-Maskottchen Vinicius grinst in den Souvenirshops schon von Tassen, Taschen und Schlüsselanhängern. Doch in den Köpfen und Herzen vieler Cariocas hat Olympia noch keinen Platz. Ob sich das noch ändert? Lasst die Spiele beginnen!

 
Info-Kasten: Rio de Janeiro
 
Anreise:
Lufthansa fliegt täglich von Frankfurt direkt nach Rio de Janeiro. Günstiger sind Flüge mit British Airways oder Iberia mit Zwischenstopp in London oder Madrid.
 
Einreise:
Es besteht für Deutsche keine Visumspflicht. Der Pass muss mindestens noch sechs Monate gültig sein.
 
Gesundheit:
Impfungen sind für Rio nicht nötig. Reisende sollten sich vor Mücken schützen, die den Zika-Virus übertragen.
 
Sicherheit:
Raubüberfälle und Gewaltverbrechen sind in Rio de Janeiro nicht selten. Es ist Vorsicht geboten. Von Favela-Besuchen ohne ortkundige Begleitung sollte man absehen.
 
Informationen:
Fremdenverkehrsamt Brasilien, Hanauer Landstraße 146, 60314 Frankfurt (Tel.: 069/24 75 61 82, www.visitbrasil.com).
 
(14.06.2016, dpa)

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