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Wenn man jetzt in den Urlaub fliegen möchte, dann ist das nachvollziehbar

Wenn man jetzt in den Urlaub fliegen möchte, dann ist das nachvollziehbar

Reiselust trotz Lockdown Muss man sich jetzt für Urlaub schämen?

Daheim ist der Lockdown gerade verlängert und verschärft. Vor die Tür soll man nur noch aus triftigem Grund gehen. Verhält sich jetzt unsozial, wer in den Flieger steigt und sich in die Sonne legt?

Politiker mahnen zum Rückzug in die eigenen vier Wände; in den sozialen Medien werden Reisebüros, die geöffnet haben, beschimpft und verbalen Angriffen ausgesetzt. Wer urlaubsreif ist, kann zwar problemlos eine Reise buchen. Aber da ist diese Verunsicherung: Verhalte ich mich nicht unsolidarisch? Es ist gerade keine einfache Zeit, für Urlaub zu plädieren. Und doch sind hier zehn Argumente für Reisen auch in Zeiten des Lockdown.

WAS FÜR EINEN GRUND KANN ES GEBEN, JETZT DIE KOFFER ZU PACKEN?

Erholung! Die steht sogar im Urlaubsgesetz. Es gibt einfach ein berechtigtes Interesse von Menschen, die seit Monaten Stress haben und rund um die Uhr arbeiten und nun ein bisschen Erholung suchen. Denken wir an Ärzte und Pfleger, Lehrer und Beschäftigte im Handel. Die haben den Laden am Laufen gehalten. Wenn sie jetzt nach Fuerteventura, Kuba oder Madeira fliegen wollen (was alles gut möglich ist), dann ist das nachvollziehbar. Und es lässt sich so gestalten, dass man sich gut erholt und gleichzeitig risikoarm verhält. Schließlich gehen in den Hotels Profis zu Werke, die mitunter besser als man selbst zu Hause die Hygieneregeln einzuhalten wissen.

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SOLLTEN WIR IN DIESEN TAGEN NICHT BESSER ALLE ZU HAUSE BLEIBEN?

Das muss natürlich jeder für sich entscheiden. Faktisch gesehen spricht aber nichts dagegen, in ein Nicht-Risiko-Gebiet zu fliegen. Dazu Oliver Kühn, Chefredakteur der Zeitschrift REISE & PREISE: "Der Weg zum Urlaubsort ist nicht gefährlicher als der eines Pendlers zum Arbeitsplatz. Und gegen einen Aufenthalt in einem wenig von Corona betroffenen Land ist eigentlich nichts einzuwenden." Wichtig bleibt dabei natürlich, dass sich jeder an Recht und Gesetz orientiert und die Hinweise und Warnungen des Auswärtigen Amts beru?cksichtigt.

Das komplette Interview: Trotz der Corona-Pandemie jetzt in den Urlaub fliegen?

IST REISEN IM AUGENBLICK NICHT ÜBERHAUPT DIE FALSCHE ENTSCHEIDUNG?

Das kommt auf den Einzelnen an. Natürlich ist Ortsveränderung in der Regel zunächst mal mit zusätzlichen Kontakten verbunden. Aber die Gefahrenquellen kennt man ja mittlerweile: Offenbar sind geschlossene und schlecht belüftete Räume gefährlich, eng bestuhlte Flugzeuge dagegen weniger. Lange Strandspaziergänge haben sich als unproblematisch erwiesen, Fitnessstudios und Kneipen sind dagegen eher kritisch zu sehen. Klar bleibt: Es handelt sich auch um ein Thema von hoher Emotionalität. Zahlreiche Urlauber berichten von Häme, Spott und Drohungen. Da gilt es, Verständnis für eine andere Haltung zu zeigen, aber gleichzeitig darf man auch darum bitten, sich im Rahmen des Erlaubten einen Tapetenwechsel zu leisten.

BITTET UNS DIE POLITIK NICHT GERADE INSTÄNDIG, AUF REISEN ZU VERZICHTEN?

Ja, das tut sie. Wenn Politiker dieser Tage aber den Wunsch äußern, auf Reisen sollte verzichtet werden, dann bezieht sich das auf Deutschland und auf die Hochrisikoländer der Nachbarschaft, auf große Verwandtentreffen und gesellige Kneipenrunden. Länder, in denen Corona weitaus weniger verbreitet ist als bei uns, schießt das Auswärtige Amt ausdrücklich von der Reisewarnung aus.

DAS ROBERT-KOCH-INSTITUT RÄT WELTWEIT VOR REISEN AB. KANN MAN WIRKLICH TROTZDEM REISEN?

Kein vernünftiger Mensch begibt sich ohne Not ins Risiko. Aber es gibt auch Reisemöglichkeiten, die (auch aus Sicht der Bundesregierung) risikoarm realisierbar sind. Das Robert-Koch-Institut und das Auswärtige Amt überlegen sich sehr intensiv Tag für Tag, vor welchen Reisezielen sie warnen und vor welchen sie das nicht tun.

ABER ZIELE MIT REISEWARNUNG SOLLTE MAN NUN WIRKLICH NICHT ANSTEUERN, ODER?

Warum nicht? Eine Reisewarnung ist kein Reiseverbot. Gesetzgeber und Regierung haben hierfür klare Regeln aufgestellt. Wer in ein Gebiet mit Reisewarnung reist, der muss hinterher mindestens fünf Tage lang in Quarantäne. Entscheidet sich also jemand nach reiflicher Abwägung dafür, erst drei Wochen Urlaub auf den Malediven zu machen, nach der Rückkehr jeden Kontakt zu meiden und sich ab dem fünften Tag frei zu testen, so verhält sie oder er sich regelkonform und wird auch niemand anderen anstecken.

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VERHALTE ICH MICH NICHT UNSOLIDARISCH, WENN ICH JETZT AUSBÜCHSE?

So scheinen tatsächlich manche Mitbürger zu denken. Aber es hat doch kein anderer etwas davon, wenn ich jetzt traurig zu Hause bleibe. Und es geht auch nicht darum, gemeinsam Buße für etwas zu tun. Die Seuche ist keine Strafe. Sondern eine Krankheit, die sich bekämpfen lässt, indem Kontakte reduziert werden. Diese Regel gilt es stets zu befolgen - unterm Sonnenschirm auf Barbados wie am Wohnort vor der Kasse bei Aldi.

SCHLEPPEN WIR ALS TOURISTEN CORONA IN DIE URLAUBSLÄNDER MIT NIEDRIGEN INFEKTIONSZAHLEN EIN?

Praktisch alle geöffneten Reiseländer verlangen mittlerweile einen aktuellen Negativtest. Das schafft zwar auch keine absolute Sicherheit, aber deutlich mehr als in der U-Bahn zu Hause. Wer sich dann am Urlaubsort noch Kneipenbummel und durchtanzte Nächte verkneift, sondern den Schwerpunkt auf Erholung im Hotel legt, den muss dabei kein schlechtes Gewissen plagen. Das gilt übrigens genauso für die Rückkehr nach Hause.

EIN RESTRISIKO BLEIBT ABER DOCH?

Wo Menschen tätig sind, werden Fehler gemacht. Eine hundertprozentige Sicherheit, dem Virus zu entkommen, gibt es nicht. Was aber sicher ist: Ganze Länder und Regionen leben vom Tourismus. Und jeder, der sich jetzt entscheidet, coronakonform seinen Erholungsurlaub in einem schönen Hotel an einem breiten Strand zu verbringen, der tut auch etwas für die Einheimischen und die Tourismusbranche - vom Reisebüro um die Ecke bis zum Zimmermädchen in der Ferne.

SOLLTE DIE HOCHRISIKOGRUPPE DAHEIM BLEIBEN?

Diese Diskussion wurde bereits mit Blick auf die Seniorenheime in Deutschland geführt. Ältere Menschen wurden monatelang faktisch eingesperrt und am Ende oft trotzdem krank. Gerade für die 70-plus-Generation gilt: Gönnen wir den älteren Menschen doch die Freude, noch mal raus zu kommen. Gerade für sie wird das nicht mehr unendlich lange möglich sein.

(11.12.2020, srt, Hans-Werner Rodrian)

 
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