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Die Reise wegen der Coronakrise storniert? Noch gilt die Pflicht zur Rückzahlung

Die Reise wegen der Coronakrise storniert? Noch gilt die Pflicht zur Rückzahlung

Solidarität mit Reisefirmen Nach Absage der Reise Geld oder Gutschein?

Soll ich einen Gutschein statt einer Rückzahlung akzeptieren? Reisefirmen, Fluglinien und Politik drängen Urlauber, sich aus Solidarität nach stornierten Reisen mit einem Voucher zufrieden zu geben. Soll man das machen? Und wie lange bleibt noch die Wahl?

Wer momentan eine Reise oder einen Flug gebucht hat, der ärgert sich gleich doppelt: Erst ist der Urlaub wegen Corona flach gefallen, und dann wollen die meisten Unternehmen die bereits geleisteten Anzahlungen nicht mehr zurückerstatten. Stattdessen bieten sie Gutscheine an, die bei einer späteren Reise eingelöst werden können, und appellieren dabei an die Solidarität der Urlauber. Die sind verunsichert: Wie sollen sie sich verhalten?

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Die Rechtslage ist eigentlich klar und ergibt sich aus der Europäischen Pauschalreiserichtlinie: "Die Kosten für Pauschalreisen, die wegen der Corona-Krise nicht stattfinden, müssen erstattet werden", fasst es Klaus Müller, Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband, zusammen. Reiseveranstalter müssen innerhalb von 14 Tagen zurückzahlen, Fluggesellschaften sogar innerhalb einer Woche, wie die EU-Fluggastrechteverordnung vorschreibt. Doch aktuell stellen sich die meisten Firmen tot. Und wenn man sie dann doch nach Stunden in der Hotline erreicht, bieten sie nur noch Reisegutscheine an. "Immer mehr Reiseanbieter verweigern ohne gesetzliche Grundlage Rückzahlungen und geben nur Gutscheine aus", berichtet zum Beispiel die Verbraucherzentrale Brandenburg.

Das tut die Reisebranche natürlich auch nicht aus Spaßvergnügen. Ihr geht selbst das Geld aus. Um Pleiten auf dem Reisemarkt zu vermeiden, springt ihr mittlerweile sogar die Politik bei. Das bundesdeutsche “Corona-Kabinett” hat sich für Gutscheine ausgesprochen und am 2. April beschlossen, an die EU-Kommission mit dem "dringenden Anliegen einer kurzfristig praktikablen Gutscheinlösung heranzutreten". Der Umweg ist nötig, weil es sich um eine EU-Richtlinie handelt, und die kann auch nur die Europäische Union ändern. Für den Verbraucher bedeutet das entgegen allen anderslautenden Meldungen: Noch gilt die Pflicht zur Rückzahlung.

Im Feuer stehen mehrere Milliarden Euro. Für die Reiseveranstalter bedeutet das eine massive Bedrohung. Denn das erhaltene Geld haben sie längst nicht mehr in der Kasse, sondern an Hotels und Fluglinien weitergereicht. Und die weigern sich ihrerseits strikt, etwas zurückzuzahlen. Denn in der Krise zählt für alle Seiten offenbar nur noch eins: flüssig bleiben. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, versucht die Branche, jede Art von Auszahlungen zu vermeiden, um für die Dauer des Shutdowns, von dem niemand die Länge weiß, die eigene Liquidität zu sichern.

Besonders schlecht dran sind die Reisebüros. Bei ihnen gilt buchstäblich: Den letzten beißen die Hunde. Seit Wochen hat bei ihnen niemand mehr neu gebucht, trotzdem arbeiten viele rund um die Uhr - um das Geschäft rückabzuwickeln, für das sie seit September gearbeitet haben. Und dann buchen die großen Touristikkonzerne kommentarlos die gezahlten Provisionen zurück. Vertraglich dürfen sie das, weil Reisebüros als Handelsvertreter der Veranstalter agieren und nur für wirklich stattfindende Reisen Provision erhalten. Aber vor allem diejenigen Büros, die erst im vergangenen Jahr schon unter der Thomas-Cook-Pleite gelitten haben, bringt das schnell in Existenznot.

Insofern ist es verständlich, dass die Reisebranche Solidarität fordert. "Wer Reisen liebt, verschiebt." Diese Plakate hängen neuerdings großflächig in Reisebüro-Schaufenstern. Sie fordern Verbraucher dazu auf, ihre gebuchten, aber derzeit nicht möglichen Reisen nicht zu stornieren, sondern aufzuschieben. Gestartet haben die Kampagne der Deutsche Reiseverband (DRV) und der Deutsche Tourismusverband (DTV). Reisebüros und Veranstalter werben in Social Media mit dem Hashtag #verschiebdeinereise dafür.

Aber der Urlauber sollte auch wissen, was für Nachteile er in Kauf nimmt, wenn er sich so solidarisch zeigt. Und diese Nachteile wiegen schwer: So ein Gutschein ist später nur dort einlösbar, wo man ursprünglich gebucht hat. Wer also die frühere Reise bei Tui oder Lufthansa reserviert hatte, der ist, wenn es denn wieder losgeht mit Reisemöglichkeiten, auch an den ursprünglichen Anbieter gebunden und kann zum Beispiel nicht auf FTI oder Booking umsteigen.

Noch problematischer: In der momentanen Situation scheinen Insolvenzen keineswegs ausgeschlossen. Wenn der Reiseveranstalter oder die Fluggesellschaft aber über die Klinge springt, dann ist der solidarische Urlauber der Dumme, der Gutschein wertlos. So war es bereits bei Air Berlin und bei Neckermann - wer damals einen Gutschein hatte, der musste sich hinten anstellen beim Insolvenzverwalter.

Für den Verbraucher bleiben zwei Möglichkeiten, wenn ihm keine Rückzahlung angeboten wird: Entweder er geht zum Anwalt und setzt über den sein Recht durch. Das dürfte juristisch kein großes Problem sein, weil die Reiseunternehmen bereits in Verzug sind. Zunächst werden dafür allerdings noch mal Rechtsanwaltskosten fällig, die erstmal vom Verbraucher vorgestreckt werden müssen.

Wer seinem Hotelier, dem Reisebüro oder dem Veranstalter helfen will, der kann natürlich auch den angebotenen Gutschein akzeptieren. Wenn er das jetzt tut, dann trägt er aber das Insolvenzrisiko. Das allerdings soll sich nach dem Willen der Bundesregierung demnächst ändern: Wenn die EU ihrem Antrag zustimmt, dann soll zumindest bei Pauschalreisen der Gutschein gegen eine Insolvenz des Reiseveranstalters abgesichert werden. Und wer seinen Gutschein bis Ende 2021 nicht einlöst, dem soll sein Geld zurück gezahlt werden. Für den Pauschalurlauber könnte es also durchaus eine erfolgreiche Strategie sein, noch etwas abzuwarten.

(08.04.2020, srt)

 
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