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Nach Terroranschlägen oder Naturkatastrophen in Urlaubszentren bleiben oft die Gäste weg.

Nach Terroranschlägen oder Naturkatastrophen in Urlaubszentren bleiben oft die Gäste weg

Tourismus und TerrorErste internationale Tagung in Jerusalem

Bleiben die Gäste nach Terroranschlägen oder Naturkatastrophen weg, geraten auch die Jobs in Gefahr. Eine erste internationale Tagung zu Terrorismus und Sicherheit in Jerusalem soll nun Wege aus der Krise aufzeigen.

Barcelona, Paris, London, Nizza – Terroranschläge können Touristen fast überall auf der Welt treffen. Doch auch Naturkatastrophen wie der Tsunami in Indonesien oder die Waldbrände in Griechenland bedrohen Urlaubsparadiese.

Wie können Behörden am besten mit solchen Vorfällen umgehen, damit die Gäste nicht wegbleiben und ein ganzer Wirtschaftssektor in Gefahr gerät? Vertreter aus aller Welt, darunter Tourismus- und Sicherheitsexperten, UN-Repräsentanten und Wissenschaftler, wollen dafür bei einer internationalen Konferenz in Jerusalem eine effektive Strategie entwerfen.

Früher habe vor allem Israel mit dem Thema Terror zu kämpfen gehabt, »aber in den letzten Jahren hat sich das stark verändert«, sagt Ilanit Melchior, die bei der Jerusalemer Stadtverwaltung für Tourismusfragen verantwortlich ist. Heute seien Touristenstädte auf aller Welt betroffen. Für sie wolle man gemeinsam einen »Werkzeugkasten« für einen angemessenen Umgang mit Extremsituationen entwerfen.

Ziel sei auch ein internationales Abkommen zwischen Touristenstädten und -organistionen, »damit es in Krisenzeiten Zusammenarbeit und Austausch geben kann«. Es sei die erste Tagung dieser Art, man wolle sie künftig jedes Jahr in Jerusalem abhalten, sagt Melchior.

Aus ihrer Sicht ist es besonders wichtig, das Thema Terror »nicht unter den Teppich zu kehren, sondern auf den Tisch zu bringen«. Das Tourismusgewerbe dürfe sich nicht von Anschlägen beherrschen lassen, sondern müsse aktiv damit umzugehen. »Dieses Phänomen wird leider nicht verschwinden, die ganze Welt ist davon betroffen.« Für das Tourismusgewerbe gehe es um sehr viel Geld und auch um Arbeitsplätze. Schwerpunkte bei der Konferenz seien die richtige Kommunikation mit den Medien sowie die Image-Rettung betroffener Urlaubsziele.

Wie Krisenmanagement nach einem Terroranschlag dem Vertrauen in ein Land noch weiter schaden kann, zeigte Ägypten in den vergangenen Jahren. Nach dem Bombenattentat auf einen russischen Ferienflieger 2015 schwiegen die Behörden weitgehend, obwohl es Hinweise auch ausländischer Geheimdienste auf einen Sprengsatz an Bord sowie ein Bekenntnis der Terrormiliz IS gegeben hatte.

Russland setzte Flüge nach Ägypten daraufhin ganz aus, andere Länder strichen die Verbindungen in den betroffenen Badeort Scharm el Scheich. Obwohl der Kollaps des enorm wichtigen Tourismus in dem Land damit vorgezeichnet war, scheute die Regierung klare Aussagen und zog sich auf ein vermeintlich bewährtes Mittel zurück: Verschleppen der Ermittlungen.

Immer wieder betonten Regierungsvertreter, man wolle die Untersuchung abwarten - ein abschließender Bericht liegt bis heute nicht vor. Erst vier Monate nach dem Anschlag sprach Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi erstmals von Terror. Der Tourismus im Land war zu diesem Zeitpunkt schon längst auf Talfahrt.

Heute sind die Urlauber wieder zurück in dem nordafrikanischen Land. Die Zahlen von 2010 – vor den Turbulenzen wegen der Arabischen Aufstände – sind aber noch Welten entfernt. Experten attestieren den Urlaubsgebieten in Ägypten zwar eine relativ gute Sicherheitslage, das Land leide allerdings unter einem Glaubwürdigkeitsproblem.

Auch Tunesien wurde im März 2015 von mehreren Terroranschlägen auf Touristen hart getroffen: An einem Badestrand in Sousse erschoss ein Terrorist 39 Menschen, in dem für seine Mosaiken berühmten Bardo-Museum in der Hauptstadt Tunis wurden 24 Menschen getötet. Viele der Getöteten stammten aus Großbritannien, das Königreich sprach eine Reisewarnung aus – und die Zahl der europäischen Touristen halbierte sich im gleichen Jahr auf 1,3 Millionen Besucher. Zahlreiche Hotels mussten in der folgenden Saison schließen.

Inzwischen erholt sich der Tourismus in Tunesien wieder und schon Ende August waren mehr europäische Touristen gekommen als im gesamten vorangegangenen Jahr. Dies gelang auch deswegen, weil das Land offen mit dem Problem umging und mit europäischer Unterstützung die Sicherheitsmaßnahmen deutlich erhöhte, sagen Experten. Mit Maschinengewehren patrouillierende Polizisten und Soldaten gehören in den Touristenhochburgen am Mittelmeer inzwischen zum Alltag, Hotels können in der Regel nur nach einem Sicherheitscheck betreten werden.

Auch in Frankreich hatten die Terroranschläge von Paris und Nizza das Tourismus-Geschäft 2016 erheblich belastet. Die Zahl der Besucher in Paris war etwa um knapp fünf Prozent geschrumpft. Seit vergangenem Jahr geht der Trend jedoch wieder nach oben.

Als Beispiel für ein souveränes Umgehen mit einer Gefahrensituation gilt das Verhalten des Münchner Polizeisprechers Marcus da Gloria Martins bei einem Amoklauf im Juli 2016. Er stand Medien sofort Rede und Antwort und wirkte dabei ruhig und besonnen. Seine Kollegen twitterten in vier Sprachen.

Auch die Stadt Jerusalem habe in den letzten Jahren gelernt, mit Attacken umzugehen, sagt Melchior. Trotz mehrerer Bombenanschläge und Messerattacken sei die Zahl der Besucher in der »goldenen Stadt« binnen eines Jahrzehnts um 47 Prozent gestiegen, sagt Melchior. 3,6 Millionen Touristen – eine Rekordzahl – haben 2017 Israel besucht. Das sind 25 Prozent mehr als im Vorjahr – obwohl die Sicherheitslage in dem Land oft angespannt ist.

Kurz vor einem Marathon in Jerusalem explodierte im März 2011 ein Sprengsatz neben einem Bus. Eine schottische Studentin wurde getötet, Dutzende weitere Menschen wurden verletzt. »Trotzdem haben wir den Marathon nicht abgesagt – und der Bürgermeister ist selbst mitgelaufen, um ein Zeichen zu setzen«, sagt Melchior.

Es sei wichtig, Touristen ein Gefühl von Sicherheit und Verlässlichkeit zu vermitteln. »Niemand kann versprechen, dass es keinen Anschlag geben wird, aber man kann richtig damit umgehen, wenn es passiert.« Durch strenge Sicherheitsvorkehrungen in Israel hätten Touristen sich früher häufig gestört gefühlt. »Heute verstehen sie, dass es sie schützt.«

(08.10.2018, dpa)

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