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Trotz neuer EU-Verbraucherrichtlinie laufen Kunden weiter Gefahr, abgezockt zu werden

Trotz neuer EU-Verbraucherrichtlinie laufen Kunden weiter Gefahr, abgezockt zu werden

Foto: © panthermedia.net - maksym yemelyanov

Test Flugportale Billig fliegen, teuer bezahlen

2012 stellte REISE & PREISE vielen Flugportalen ein schlechtes Zeugnis aus. Seitdem hat sich nicht alles verbessert.

14 Flugportale im Test

Am 13. Juni 2014 sollte eigentlich alles besser werden: Da trat nach einjähriger Übergangsphase die neue EU-Verbraucherrichtlinie in Kraft, die »Preisaufschläge für Verbraucher im Rahmen der Abwicklung der Bezahlung für ein erworbenes Produkt in Zukunft ausschließt«. Mit der Einschränkung, »dass lediglich ein Zahlungsmittel gebührenfrei angeboten werden muss, das für den Verbraucher in zumutbarer Weise genutzt werden kann«, öffnet Brüssel den Portalbetreibern im gleichen Atemzug wieder eine Hintertür. Dass die Anbieter bei derartiger Formulierung exotische Online-Bezahlmethoden und Kredit-, Debit- und Prepaidkarten aus dem Hut zaubern, die kaum jemand kennt, war zu erwarten. Schließlich soll der Kunde nach Möglichkeit weiter mit etablierten Kreditkarten wie Master oder Visa-Card bezahlen, denn über die damit nachträglich einzutreibenden Gebühren können die Fluganbieter ihre mageren Gewinnspannen aufbessern. Allerdings dürfen Online-Flugvermittler fortan ihren Kunden nur noch jene Bezahlgebühren in Rechnung stellen, die auch tatsächlich anfallen. Und die sind gering. 0,9–1,2 Prozent stellen Mastercard und Visa Großportalen in Rechnung, American Express 2–2,5 Prozent.

Neue EU-Verbraucherrichtlinie wird oftmals ignoriert

Doch die wenigsten Portale haben bisher auf die EU-Verbraucherrichtlinie reagiert, wie der Test zeigt. »Gebühren-Weltmeister« ist der spanische Portalbetreiber Travelgenio, der für einen € 1.286-Flug nach Sydney € 118 (!) Kreditkartengebühr und Servicegebühren von € 14 extra verlangt – und das nicht pro Buchung, sondern pro Fluggast. Nicht viel besser stehen in puncto Zusatzgebühren die Portale des Leipziger Internetkonzerns Unister da, die je nach Entfernung eine zusätzliche Servicefee von € 39,98 bzw. 59,98 erheben. Dazu kommt oft eine von der Airline abhängige Kreditkartengebühr, so dass ein bei Fluege.de und Billigfluege.de gebuchter Fernflug unterm Strich bis zu € 80 teurer wird, als er bei Preisvergleichern angezeigt wird. Umgehen lässt sich das nur, wenn man die hauseigene Kreditkarte des Unternehmens oder die seltene Visa Electron Card besitzt.

Eine Mitschuld trägt die »Geiz-ist-geil«-Mentalität

Ursächlich für den (Gebühren-) Erfindungsreichtum der Portalbetreiber ist die »Geiz-ist-geil«-Mentalität und der »Preisvergleichsdrang« der Schnäppchenjäger. Um bei den portalübergreifenden Meta-Preisvergleichern möglichst weit oben zu stehen, setzen die Unternehmen die Preise möglichst tief an und versuchen, die ohnehin geringen Margen durch nachträgliche Gebühren aufzubessern. Viele Kunden schlucken die bittere Pille, weil sie nach langer Suche endlich alles unter Dach und Fach bringen wollen. Und weil Vertrauen erweckende Gallionsfiguren wie Reiner Calmund im Fernsehen Parolen wie »Fluege.de – Finde den billigsten Flug!« unter die Leute bringen. Das ist dann ähnlich wie beim Restaurantbesuch in Italien: Einem charmanten Wirt schlägt man in Urlaubslaune nichts ab, auch wenn er im Nachherein noch »Pane e Coperto« und »Servizio« auf die Rechnung aufschlägt.

So verpuffen die Vorgaben von Bundesgerichtshof und EU-Kommission auf dem Reisemarkt dann auch in schöner Regelmäßigkeit: Findige Unternehmen treiben ein regelrechtes Katz-und-Maus-Spiel mit Verbraucherzentralen und Gerichten, gehen in die Berufung – und wenn ein Urteil dann nach zwei Jahren rechtskräftig geworden ist, beginnt das Spielchen auf anderer Ebene wieder von vorn.

Der Kunde wird zum Spielball

Die Bezahlmethoden ändern sich manchmal mehrmals jährlich. Heute kann der Flug beispielsweise mit einer American-Express-Kreditkarte kostenlos bezahlt werden. Hat man sie dann endlich im Briefkasten, ist das Bezahlen damit womöglich wieder gebührenpflichtig. Und die Gebühren haben sich z. T. gewaschen: Bei Billigflügen auf der Kurzstrecke betragen die Kreditkartengebühren schon mal 25 bis 30 Prozent vom Flugpreis, auf Fernflügen bis zu 9 Prozent. Wie niedrig die Kreditkartengebühren in Wirklichkeit sind, zeigt sich bei den wenigen Portalen, die die EU-Verordnung pünktlich umgesetzt haben. Ebookers.de etwa schlägt Kreditkartengebühren nur in der Höhe drauf, die die Kreditkartenunternehmen auch tatsächlich verlangen: 1,1 % bei Mastercard und 1,2 % bei Visa. Um konkurrenzfähig zu bleiben, verzichtet man bei vielen Angeboten sogar fast gänzlich auf Gebühren. Vorbildlich verhält sich Testsieger Fluege.com (nicht zu verwechseln mit Fluege.de). Hier sind die Gebühren für Mastercard und Visa von vornherein im Flugpreis enthalten. Bei Tripsta, einem Flugportal mit griechischem Ursprung, ist der gebührenfreie Ticketkauf sogar per Überweisung möglich, wenn man eine Kopie der Überweisung per Mail oder Fax ans Unternehmen schickt. Das überrascht umso mehr, weil traditionelle Bezahlmethoden wie EC-Karte, Bankeinzug und Rechnung im Internet kaum noch zu finden sind.

Heute kostenlos, morgen unverschämt teuer

Internethändler verweisen seit einiger Zeit vermehrt auf Sofortueberweisung.de und Giropay. Eine Bezahlmethode, die allerdings nur »Online-Bankern« zugänglich ist, weil die dazwischen geschalteten IT-Dienstleister eine TAN-Nummer verlangen. Für den Ticketdealer ist dieses Verfahren sicherer, weil Abbuchungen per Lastschrift mittlerweile bis zu 7 Wochen widerrufen werden können und der Kunde das Geschäft so theoretisch noch platzen lassen kann, wenn er bereits wieder aus dem Urlaub zurück ist. Am Beispiel der in Luxemburg ansässigen Ebay-Tochter Paypal, über die sich nach Registrierung Online-Geschäfte abwickeln lassen, wird das willkürliche Festlegen der Gebührenhöhe besonders deutlich: Während die Paypal- Zahlung bei Fluege.com kostenfrei ist, nehmen die holländischen Partnerportale Flugladen und Cheaptickets für die gleiche Leistung zusätzlich je nach Umsatz € 18,95 bis 49,95, der Schweizer Anbieter Bravofly € 18,40 bzw. 24,40. Ähnlich bei Sofortueberweisung.de: Während Fly.de, McFlight, Cheapflights und Flugladen die OnlineÜberweisung gebührenfrei anbieten, stellt das finnische Portal Seat24 zusätzlich € 15 in Rechnung. Spätestens dann wird klar, dass es sich dabei nicht um tatsächlich entstehende Kosten handelt.

Außer Konkurrenz: der »Unterm-Strich-Preisvergleich«

Der Preisvergleich hatte keinen Einfluss auf das Testergebnis, weil es sich um eine reine Momentaufnahme handelt und es in dem Test in erster Linie um Transparenz und Kundenfreundlichkeit ging. Trotzdem lässt der »Unterm-Strich-Preisvergleich« entscheidende Schlüsse zu. Auf Europa-Flügen sind die gebührenfreien Portale klar im Vorteil, weil die zusätzlichen Bezahlgebühren und Servicefees bei günstigen Flügen stärker zu Buche schlagen. Beim Iberia-Flug nach Madrid etwa schlugen Fluege.de und Billigfluege.de umgerechnet 26,7 % drauf, Bravofly 19,7 %, Travelgenio 14,7 % und Opodo 13,5%. Expedia lag am Stichtag in allen drei Preisvergleichen vorn – gut möglich, dass eine zeitlich begrenzte Preisoffensive der Grund dafür ist. Fluege.de und Billigfluege.de wurden nach Addition der Servicefee zu den teuersten Anbietern im Test und auf der Fernstrecke nur noch von Travelgenio übertrumpft.

Nervig: Das penetrante Spiel mit den Versicherungen

Als nervig empfanden die Tester die z. T. penetranten Versuche der Portalbetreiber, dem Kunden nicht gewünschte Versicherungen aufzudrängen. Zwar gehören voreingestellte Versicherungen inzwischen der Vergangenheit an, dennoch müssen Reiserücktritt, Umbuchungsversicherung, Fluggarantie und Rund-um-Sorglos-Pakete bei vielen Portalen per Häkchen ausdrücklich als unerwünscht abgehakt werden. Bei Fluege.de, Billigfluege.de, Flugladen.de, Opodo und Cheaptickets poppen bei Abwahl derselbigen z. T. rote Warnfenster auf, die den Kunden vor hohen Risiken warnen. Bei Seat24 scheint den Betreibern die Vermittlung von Versicherungsleistungen gar wichtiger zu sein als das Fluggeschäft: Mit gleich fünf (!) Policen wird der User konfrontiert, die z. T. zweimal umständlich abgelehnt werden müssen. Ernüchterndes Fazit: Wer das günstigste Ticket haben will, muss weiterhin vergleichen und sich künftig vielleicht mit Online-Banking anfreunden. Oder sich für ein userfreundliches Portal entscheiden, das unterm Strich womöglich etwas teurer ist.

So haben wir getestet

REISE & PREISE hat 14 deutsche und ausländische Flugportale mit de.-Kennung auf ihre Verbraucherfreundlichkeit hin untersucht. Im Kern ging es darum, zu ermitteln, ob die Anbieter den in Preisvergleichen ermittelten Preis auch an den Kunden weitergeben. Und zwar nicht nur an einzelne, sondern an die breite Masse, die üblicherweise mit Mastercard, Visa, EC-Karte oder per Bankeinzug zahlen möchte. Portale, die auf ihre z. T. sehr hohen Kreditkarten- und Servicegebühren nur dann verzichten, wenn weitgehend unbekannte Zahlungsmittel wie Prepaid- und Debitkarten, seltene Kreditkarten (z. B. Diners Club, hauseigene Kreditkarten) eingesetzt werden, wurden abgewertet. Berücksichtigt wurde, dass Online-Banking-Dienstleister wie Sofortueberweisung.de, Giropay und Paypal mittlerweile von Kunden mehr akzeptiert werden.

Preisvergleich und Testbuchungen wurden am 21. Juni 2014 vorgenommen. Flugtage waren der 15.//22.10.14 (Madrid) und 15//29.10.14 (Bangkok, Sydney). Alle Angaben ohne Gewähr.

(REISE & PREISE 3-2014)
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