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Vorsicht Abzocke: Um die geringen Margen aufzubessern, schnüren die Portale gernt teure Versicherungspakete

Vorsicht Abzocke: Um die geringen Margen aufzubessern, schnüren die Portale gernt teure Versicherungspakete

Foto: rp

TEST Flugportale Entgehen Sie der Versicherungsfalle

Weil Reiseportale am Verkauf von Flügen nur noch wenig verdienen, werden sie immer erfinderischer.

Zusatzversicherungen zehn wichtiger Reiseportale

Seit gut zehn Jahren bezahlen Fluggesellschaften stationären und Online-Reisebüros keine Provisionen mehr für den Verkauf von Flugtickets. Der Ticketdealer kauft Flüge zum Nettopreis ein, den Endpreis bestimmt er selbst. Preissensible Kunden und portalübergreifende Preisvergleiche sorgen dafür, dass die Ticketmargen immer geringer ausfallen. Die Folge: Portalbetreiber suchen händeringend nach zusätzlichen Einnahmequellen. Auch wenn Verbraucherzentralen Sturm laufen, sind überzogene Kreditkartenund Servicegebühren immer noch an der Tagesordnung. Richtig hingelangt wird aber auch bei den Reise- und Zusatzversicherungen.

Unser Test-Team hat sich neun beliebte Flugportale genauer angeschaut und die Preise der angebotenen Versicherungen mit denen handelsüblicher Policen verglichen. Dabei haben wir angenommen, eine Einzelperson buche einen Flug von Frankfurt nach Bangkok für rund € 500. Schließt man alle angebotenen Versicherungen ab, kommen im Fall von Tripsta zum Flugpreis fast 165 Euro dazu, denn hier wird nichts ausgelassen: eine völlig überteuerte Reiseversicherung (€ 94,09), eine als Storno-Schutz getarnte zusätzliche Reiserücktrittsversicherung (€ 30), dazu ein Airline-Insolvenz-Schutz (€ 29,99), eine Absicherung gegen Stornokosten beim Portal für die Inanspruchnahme von Zusatzdiensten (z.B. das Hinzufügen einer Vielfliegernummer, € 9,99, was bei der Airline gratis ist!) und SMS-Benachrichtigungen (€ 2,99, von der Airline gratis!).

Abzocke bei Reiseversicherungen

Den meisten Umsatz versprechen Reiseversicherungen. Daher bieten alle Flugportale im Laufe des Onlinebuchungsprozesses auch gleich zwei an: Eine Reiserücktrittsversicherung und die teurere Rundum-Sorglos-Reiseversicherung, die in der Regel zusätzlich eine Reiseabbruch-, Gepäck- und Auslandsreisekrankenversicherung enthält. Die gute Nachricht: Voreingestellt sind die Angebote nicht mehr – sie müssen aber aktiv abgelehnt werden. Beliebter Trick: Setzt der Kunde sein Häkchen bei »keine Versicherung gewünscht«, öffnet sich im nächsten Buchungsschritt ein Fenster mit dem Hinweis »Wofür ist diese Versicherung gut?«, gekoppelt mit einem auffälligen, farbigen Button »Ja, bitte « und einem unauffälligen Textlink »Weiter ohne Versicherung«. Wer dann falsch klickt, hat  dann auf Umwegen genau die Versicherung abgeschlossen, die er zuvor schon abgelehnt hat.

Eine sinnvolle und völlig ausreichende Reiserücktrittsversicherung inklusive Reiseabbruchversicherung kostete bei der Travel Secure 16 Euro, ein Rundum-Sorglos bei der Europ Assistance 42 Euro. Fast immer kostet die Versicherung übers Portal mehr als direkt bei der jeweiligen Versicherung. Auffällig auch: Der Flugpreis von 500 Euro war fast durchweg mit € 5.000 zehnfach überversichert – zumeist bei einer Selbstbeteiligung von 20 Prozent.

Die über die Flugportale angebotenen Versicherungen lassen sich problemlos bei einer Vielzahl von Versicherungen abschließen: Bis 30 Tage vor Abflug jederzeit, ab 29 Tage vor Abflug innerhalb von drei Tagen nach der Flugbuchung. Genug Zeit also, um Preise und Leistungen zu vergleichen. Und das sollte man unbedingt tun, denn die Angebote unterscheiden sich nicht nur im Detail. Mal sind die Tarife mit, mal ohne Selbstbeteiligung, mal versteht sich eine Reiserücktrittsversicherung inklusive Reiseabbruch, mal ohne, manchmal sind Reisen in bestimmte Länder nicht versichert!

Die Portale wollen Abschlüsse sofort – sie verunsichern den Kunden mit Hinweisfenstern wie »Ich akzeptiere das finanzielle Risiko« oder »Ich trage alle Risiken selbst«. Selbst die teuersten Optionen werden oft grafisch hervorgehoben, als »Empfehlung für unsere Stammkunden« oder »Beliebt« gekennzeichnet und als vermeintliche Sonderangebote herausgestellt.

Fluege.de setzt noch einen drauf: Beim Mouseover auf »Unser beliebtestes Produkt« wird ein Fenster eingeblendet, dass verdeutlicht, wie teuer es werden kann, wenn man diese Versicherung jetzt nicht abschließt… Das Perfide: Hier wird versucht, den Kunden Reiseversicherungen und Servicegebührenversicherungen als teure Jahresverträge anzudrehen, die – wenn diese das nicht merken und nicht kündigen – im nächsten Jahr noch teurer werden. Deklariert werden diese aber mit einem »Sonderpreis« von »nur 3,99/mtl.« bzw. »4,99/mtl.«. Fair geht es dagegen bei Fly.de zu. Dort werden Versicherungen der Hanse Merkur ganz ohne Zuschlag verkauft.

Über den Sinn von »Rundum-Sorglos-Paketen« lässt sich streiten. Die dort enthaltene Reisekrankenversicherung ist in der EU überflüssig, da sie bereits mit der normalen Krankenversicherung abgedeckt wird. Für alle anderen Ziele lässt sich bereits ab € 8 im Jahr eine Auslandsreisekrankenversicherung abschließen. Der Abschluss einer Gepäckversicherung macht wenig Sinn. Zum einen ist das Risiko begrenzt, zum anderen werden längst nicht alle Schäden übernommen.

Bei den Versicherungen zeigen sich Portale erfinderisch

Wer eine Pauschalreise bucht, erhält einen Insolvenzsicherungsschein. Bei Nur-Flug-Buchungen gibt’s den bisher nicht, dafür bei einigen Portalen nun eine »Airline-Insolvenz«-Versicherung: Die Versicherung zahlt den Flugpreis zurück, falls die gebuchte Airline pleitegeht. Cheaptickets berechnet dafür € 5,99, Tripsta immerhin € 29,99. Bevor man so eine Versicherung abschließt, sollte man sich fragen, wie wahrscheinlich das ist und ob man eine »in Frage kommende« Airline überhaupt buchen sollte...

Die kurioseste Erfindung ist eine »Versicherung« gegen portaleigene Gebühren. Bucht ein Kunde einen Flug um oder storniert ihn, entsteht beim Portal zwar ein zusätzlicher Aufwand, aber keine Kosten. Das rechtfertigt demnach auch keine Storno- und Umbuchungsgebühren von bis zu 100 Euro. Aber gegen ebendiese kann man sich bei vielen Portalen gegen eine zusätzliche Gebühr von € 3,99 bis 9,99 schützen. Im Schadensfall sind dadurch aber nur die fiktiven Gebühren bei den Portalen abgedeckt, eventuelle Storno- und Umbuchungsgebühren seitens der Airline hat der Kunde trotzdem zu tragen.

Fluege.de bietet allerdings eine Versicherung an, die Umbuchungs- und Stornogebühren der Airline sowie dadurch entstehende Mehrkosten übernimmt. Eigentlich eine gute Sache, doch Vorsicht: Diese »CleverFly365 Premium Schutz« der Berlin Direkt Versicherung schließt man als teuren Jahresvertrag ab (€ 47,88), der sich automatisch verlängert und im Folgejahr mit € 71,88 noch teurer wird. Zudem ist die gedeckte Höchstsumme mit € 300 viel zu gering. Schließlich muss man bei Umbuchungen oftmals auf ein teureres Ticket zurückgreifen und neben den Gebühren ggf. die Differenz zwischen altem und neuem Tarif zusätzlich entrichten.

Wer eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen hat, braucht i.d.R. gar keine gesonderte Versicherung gegen Umbuchungs- und Stornogebühren bei der Airline: Die Leistungen sind in der Reiserücktrittsversicherung beispielsweise bei der ERV bereits inbegriffen. Man sollte bei der Wahl der Reiserücktrittsversicherung also darauf achten, dass dies auch der Fall ist.

TIPP: So gehen Sie richtig vor

  • Überprüfen Sie, welche Versicherungen Sie bereits haben
  • Überlegen Sie genau, welche Versicherungen Sie wirklich brauchen
  • Informieren Sie sich vor der Buchung über die Details der Versicherung
  • Gehen Sie einen Schritt zurück, wenn sich der Flugpreis im Laufe der Buchung erhöht
  • Schließen Sie Reiseversicherungen bevorzugt direkt beim Versicherer ab
  • wer mehrmals jährlich verreist, für den empfiehlt sich eine Jahrespolice
(REISE & PREISE 1-2016)
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